Krebserkrankungen mit der YES!APP enttabuisieren
Katharina Kittelberger
Jährlich erkranken fast 500.000 Deutsche neu an Krebs. Die Tabuisierung der Krankheit ist dabei nur ein Aspekt von vielen, der den Erkrankten den Umgang mit der eigenen Diagnose zusätzlich erschwert. Die im Jahr 2018 von Krebspatienten gegründete gemeinnützige yeswecan!cer gGmbH möchte mit der YES!APP Krebspatienten miteinander verbinden. Diese digitale Alternative zu traditionellen Selbsthilfegruppen verfolgt das Ziel Krebs generell zu enttabuisieren, über die Krankheit in der Gesellschaft offen zu sprechen und so letztlich niemanden alleinzulassen.
Das betont auch Jochen Kröhne, Geschäftsführer der yeswecan!er gGmbH: „Die YES!APP ist durch die digitale Vernetzung besonders dazu geeignet, gerade Patienten mit seltenen Krebserkrankungen (sog. rare diseases) wie beispielsweise das Glioblastom mit bundesweit weniger als 5.000 Fällen, miteinander in Verbindung zu bringen.“ Deren ins Leben gerufene Hashtag #dubistnichtallein steht symbolisch für die Verfolgung dieses Ziels.
Im Interview mit 5-HT gibt Jochen Einblicke in die Arbeit von yeswecan!er, erklärt wie das Team die YES!APP zum Medizinprodukt weiterentwickeln möchte und wie ihre Teilnahme am 5-HT Insuring Digital Health dieses Vorhaben bereits potenziell mitvorantreiben konnte.
Jochen Kröhne, Geschäftsführer der yeswecan!er gGmbHGeteiltes Leid ist halbes Leid: Motivation zur Gründung
Obwohl durch den medizinischen Fortschritt Krebserkrankungen heutzutage in vielen Fällen behandelbar sind, dominieren Angst, Scharm und Tabu weiterhin die Krankheit. „Nicht selten fragen sich Betroffene, ob sie denn selbst schuld an der Krankheit seien. Diesen vorsichtigen Umgang mit Krebs möchten wir aus der Welt schaffen und durch die Vernetzung von Krebspatienten der Krankheit ein Gesicht geben“, so Jochen. Ein weiteres Ziel ist es, die von Krebs Betroffenen nicht auf nur ihre Diagnose zu reduzieren: „Es sind schließlich noch immer Menschen, die ihrer Arbeit nachgehen, eine Familie haben, Sport treiben oder ihre Freizeitaktivitäten ausüben. Indem wir versuchen eine gewisse Entspanntheit im Umgang mit der Krankheit anzuregen, möchten wir den Krebs nur als ein Teilelement im Leben ansehen.“
Die Medien- und Fernsehauftritte sowie die Kooperation mit Prominenten regt dieses Ziel weiterhin an und sorgt dafür, dass über die Krankheit gesprochen wird, statt diese unter den Teppich zu kehren. Damit einher werden auch Themen wie die Vorsorge in den Vordergrund gerückt: „Denn natürlich wird ungern über beispielsweise den Darm, die Verdauung und den Krebs, der damit zusammenhängen kann, gesprochen. Doch gerade hier ist es Offenheit, welche die bestmögliche Früherkennung und Chancen auf Heilung gewährleistet.“
Die YES!APP: Für wen sie ist und wie sie funktioniert
Grundsätzlich richtet sich die YES!APP an alle Krebspatienten: „Hierzu zählen Neuerkrankte, Patienten in Behandlung und Remission sowie ehemalige Krebspatienten. Unser Fokus ist dabei besonders stark auf all jenen mit seltenen Krebserkrankungen.”
Nachdem die App im regulären App-Store kostenfrei runtergeladen wurde, erfolgt die Registrierung. Neben dem Namen und der E-Mail-Adresse werden auch Kriterien wie die spezifische Krankheit sowie die Phase der Erkrankung abgefragt. Im Folgenden erhalten die Nutzer konkrete Angebote, die speziell auf die eingangs angegebene Krankheit zugeschnitten sind. Hierzu zählen beispielsweise Informationen, die auf dem neuesten Stand der wissenschaftlichen Forschung beruhen.
Dieses Informationsangebot wird um die YES!COACHES erweitert. An diese können sich die Rat suchenden Nutzer schriftlich oder telefonisch wenden, um sich über die Krankheit aber auch weiterführende Themen wie finanzielle Fördermöglichkeiten zu informieren.
„Darüber hinaus können die Nutzer selbst gezielt Themen angeben, die sie interessieren, um hierzu Nachrichten zugespielt zu bekommen“, ergänzt Jochen.
Zusammenfassend ist die YES!APP eine Community-App, welche den Patienten, das Informieren und die Kommunikation in den Vordergrund stellt. Durch den gegenseitigen Austausch in Gruppen können praktische Fragen, die über den rein medizinischen Aspekt der Krankheit hinausgehen, wie „Wann geht es weiter?“, „Was kann ich tun, um meine Situation zu verbessern“ oder „Welche Tricks und Möglichkeiten helfen dabei?“, individuell beantwortet werden.
Wie sich eine gemeinnützig tätige Organisation finanziert
Die gemeinnützige yeswecan!cer gGmbH finanziert sich ausschließlich über Spenden, Förderungen und Sponsorings. Ein Beispiel für letzteres ist die jeweils am Donnerstag, 18:00 Uhr stattfindende Sendung „CALL-IN“. „Bei dieser wöchentlichen Informationssendung werden Wissenschaftler von Patienten und Ärzten befragt. Dabei reichen die Themen von spezifischen Erkrankungen bis hin zu auf alle Krebspatienten zutreffende Bereiche wie das Vereinen der Krankheit mit Ernährung, Sport, Liebe oder Partnerschaft“, erklärt Jochen. Weiter fügt er hinzu: „Auch Oberthemen wie Fatigue oder das Chemo-Brain, beides mögliche Folgen einer Chemotherapie, werden angesprochen.“
Die im Auftrag der yeswecan!cer gGmbH tätige yeswecan!cer GmbH & Co. KG sorgt wiederum für die Planung und Veranstaltung der jährlichen Patienten-Convention YES!CON. „Dieses zweitägige Event bietet Patienten, Ärzten und Politikern eine weitere Möglichkeit zum Gedankenaustausch rund um die Krebsbehandlung. Daneben werden auch neue Formen, wie die genetische Früherkennung der Krankheit, oder auch Anstöße zur Verbesserung von Krankenhausessen diskutiert.“ Die diesjährige das dritte Mal stattfindende YES!CON ist für den 14. – 16. Oktober in München terminiert.
Die yeswecan!cer gGmbH verfolgt mit ihrer gemeinnützigen Arbeit in keiner Weise gewinnorientierte Zwecke, was sich unter anderem darin widerspiegelt, dass das eingenommene Geld ausschließlich in die Gesellschaft fließt und nicht an die Gesellschafter ausgeschüttet werden kann.
Tue Gutes und rede darüber. Worauf ist yeswecanc!er besonders stolz?
„Verschiedenes“, schmunzelt Jochen. „Allen voran, dass es uns gelungen ist in nur drei Jahren fast 18.000 Nutzer in der App zu vereinen. Darüber hinaus haben wir inzwischen hohe Aufmerksamkeit und Bekanntheit erlangt sowie große Unterstützung und positives Feedback erhalten. Nicht zuletzt konnten wir vielen durch das Gefühl Teil einer Gemeinschaft zu sein, Mut geben. Das ist enorm wichtig, denn die evidenzbasierte Wissenschaft belegt, dass Menschen, die sich in einer Gemeinschaft aufgehoben, gut betreut und geborgen fühlen, deutlich bessere Chancen auf Heilung und Genesung haben als solche, die verzweifelt und mutlos sind.“
Doch als ebenso wichtig empfindet Jochen das große Thema der Digitalisierung der Medizintechnik: „Hier sehen wir uns als eines von vielen kleinen Rädchen, die diesen Prozess voranbringen.“
Was sind eure Pläne für die Zukunft? Und welche Rolle spielt 5-HT dabei?
„Wir haben immer schon gespürt, dass für uns Vernetzung auf der einen und Krankenkassen auf der anderen Seite eine wichtige Rolle spielen. Bei dem großzügigen Angebot von 5-HT hatten wir im Rahmen des 5-HT Insuring Digital Health die Gelegenheit mit letzteren in Verbindung zu kommen. Der Kontakt zu Krankenkassen ist uns ein besonderes Anliegen, denn sie sind die Ermöglicher, die uns dabei unterstützen können, die YES!APP zu einem Medizinprodukt weiterzuentwickeln. Darüber hinaus hoffen als gemeinnützige Organisation auf eine gewisse Unterstützung in unserer unsicheren Finanzfrage.“
Die Eindrücke, die Jochen beim Insuring Digital Health gesammelt hatte, beschreibt er wie folgt: „Es war ein tolles Setup von Gleichgesinnten. Zwar war das Speed-Dating Konzept herausfordernd, aber weil so alle Parteien auf den Punkt kamen, war es enorm nutzbringend. Generell erscheint uns die Arbeit von 5-HT als sehr nach vorne gerichtet, konstruktiv, partnerschaftlich und auf Fortschritt und Vernetzung ausgerichtet.
Das Insuring Digital Health unterstreicht all das und ist ein Event, an dem wir gerne wieder teilnehmen.“
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