Theblood über Gender-Diversität, Frauenthema & unausgeglichene Kapitalverteilung

Laura Diez

Startup Stories

Gründen Frauen anders als Männer? Eins ist sicher – auf jedem Fall gründen sie weniger als ihre männlichen Kollegen und stoßen auf mehr Gegenwind. Diese Tatsache wird auch von Isabelle Guenou und Miriam Santer, den Gründerinnen von theblood, bestätigt.

Menstruationsblut - jenseits der konventionellen Klassifikation als Abfall

Theblood ist kein gewöhnliches Menstruations-Tracking-Tool. Das innovative Startup führt eine neue biologische Probe in den Bereich der diagnostischen Tests ein. „Der Menstruationsbluttest ist eine neuartige Methode, die eine nicht-invasive Blutprobe mit einzigartigen Einblicken in die Gebärmutter verbindet. Er wird dazu beitragen, das mit der Menstruation verbundene Stigma abzubauen. Das Team glaubt, dass diese Tests einen bedeutenden Beitrag zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung von Frauen leisten werden. Durch die Generierung von Daten werden sie dazu beitragen, die geschlechtsspezifische Datenlücke zu schließen,“ erklärt Miriam.

Die Motivaton zur Gründung von theblood liegen in Isabelles persönlichem Bezug zu Menstruationsschmerzen. Als ehemalige Leistungssportlerin erfuhr sie aus erster Hand die Opfer für Spitzenleistungen, war über Jahre hinweg auf hormonelle Verhütungsmittel angewiesen. Die Diagnose von Endometriose veränderte ihren Lebensweg, eine oft spät erkannte Krankheit. Diese Erfahrung trieb sie an, theblood gemeinsam mit Miriam zu gründen. Gemeinsam erkannten sie den Bedarf, das Bewusstsein für Menstruationsgesundheit zu stärken, eine Plattform zu schaffen, die über Herausforderungen aufklärt und zudem wirkungsvolle Lösungen und Unterstützung bietet.

Innovative Gesundheitsinformationen für Frauen: Fokus auf neue Erkenntnisse durch Menstruationsanalyse 

„Wir konzentrieren uns hauptsächlich darauf, den Nutzerinnen Informationen zu ihrem Gesundheitszustand bereitzustellen, und idealerweise handelt es sich dabei um neuartige Erkenntnisse. Unser Schwerpunkt liegt zunächst auf der Menstruationsanalyse im Kontext der Lebensstilgesundheit, das beinhaltet Aspekte wie Vitamine, Zyklus und hormonelle Gesundheit. Wir möchten langfristig sogar das Potenzial zur frühzeitigen Diagnose chronischer Krankheiten wie Endometriose nutzen. Dabei ist unsere nicht invasive Blutprobe von unschätzbarem Wert, da sie eine Vielzahl interessanter Komponenten enthält. Diese Daten ermöglichen es uns, spezifische Informationen für Frauen bereitzustellen, ohne dass sie komplizierte Arzttermine vereinbaren müssen oder im traditionellen Gesundheitssystem gefangen sind. Unsere Lösung ist vollständig digitalisiert, was das Ganze noch faszinierender macht,“ so Miriam.

„Allein, weil es sich um ein in Anführungszeichen Frauenthema handelt, wird es anders behandelt!“

Der Fokus auf "Frauenthemen" führt oft zu einer unterschiedlichen Behandlung und Aufmerksamkeit. Ein gutes Beispiel dafür ist der Umgang mit Erektionsstörungen, wo in der Forschung eine deutlich sensiblere Herangehensweise erkennbar ist. Dort werden Informationen besser verglichen und analysiert. „Gynäkologinnen sind auch ein Teil des Problems und das hat tiefere Ursachen. Es fehlt an Forschung und auch an Informationen, die den Ärztinnen oft nicht vorliegen,“ erklärt Isabelle.

Gender-Diversität wird in der Startup-Welt oft diskutiert – Hands on dominiert über Geschlecht

 „Als junger Gründer oder Gründerin wird man oft von Investoren und externen Stimmen beeinflusst, die einem vorgeben, wie das Team zusammengesetzt sein sollte. Wir setzen uns für gemischte Teams ein, da sie unterschiedliche Herangehensweisen und Perspektiven bieten, die bereichernd sind. Letztendlich hängt der Erfolg jedoch stark von den individuellen Personen ab. Akademische Abschlüsse sind nicht immer entscheidend, insbesondere wenn es darum geht, etwas völlig Neues zu schaffen, für das es noch keine ausgewiesenen Experten gibt. In solchen Fällen sind die Motivation und das Engagement der Einzelpersonen ausschlaggebend, um das Unternehmen aufzubauen und sich intensiv einzuarbeiten. Wir haben das selbst erlebt, als wir einen Mediziner und Berater in unser Team aufgenommen haben, obwohl weder Isabelle noch ich einen medizinischen Hintergrund hatten. Dank Wissenschaftlern im Team konnten wir die notwendige Expertise jedoch hervorragend abdecken,“ so Miriam. Die beiden Gründerinnen von theblood haben festgestellt, dass es bei der Auswahl ihres Teams weniger auf das Geschlecht oder universitäre Hintergründe ankommt, sondern vielmehr darum, dass ein potentieller Mitarbeiter Engagement zeigt und die Initiative ergreift.

Balance zwischen Beruf und Privatleben: Familienplanung und gesellschaftliche Vorstellungen

„Die Auseinandersetzung mit der Work-Life-Balance, Familienplanung und den weitverbreiteten geschlechtsspezifischen Erwartungen an Frauen, insbesondere die Annahme, dass Frauen nicht arbeiten sollten und in die Mutterrolle gedrängt werden, zieht sich nach wie vor durch verschiedene Aspekte unserer Arbeitswelt. Dies zeigt sich auch in Unternehmenskontexten, zum Beispiel bei Einstellungsgesprächen, wo Fragen zur Vereinbarkeit oft indirekt gestellt werden. Es geht um zukünftige Pläne und Karriereperspektiven. Persönlich finde ich es wünschenswert, wenn solche Fragen nicht mehr zentral wären. Heutzutage ist vieles möglich. Die Herausforderungen sind größer, wenn Gründerinnen gleichzeitig Familien haben. Es ist eine individuelle Entscheidung, wie man die Rolle gestaltet. Im Fundraising wurden oft persönliche Fragen gestellt, die meiner Meinung nach weniger bedeutsam sind,“ so Miriam.

Isabelle ergänzt: "Vieles ist machbar, aber nicht alles gleichzeitig. Die Anfangsphase als Gründerin ist von Ambition und Hingabe geprägt. Prioritäten werden gesetzt, persönliche Aspekte spielen eine Rolle. Fragen dazu sind individuell. Es gibt heute viele Möglichkeiten, wie Paare gemeinsam Herausforderungen der Kindererziehung meistern können." 

„Nur 2% des Wagniskapitals fließen in von Frauen gegründete Startups!” 

„Wir haben deutlich gemerkt, dass es Unterschiede gibt. Das hat Zeit gebraucht, bis wir das angenommen und wirklich verstanden haben. Frauen gründen nicht nur anders, sie präsentieren ihre Ideen anders, denken anders und handhaben ihre Finanzen anders. Das bedeutet nicht, dass es nicht erfolgreich sein kann - es kann und ist es oft. Dennoch ist die Investorenszene an eine andere Art und Weise gewöhnt. Stärkere Zahlen, starke Auftritte, ein eher männlicher Ansatz, um Dinge voranzubringen. Wir hingegen sind von Anfang an sehr realistisch mit Risiken umgegangen. Wir haben gelernt, klar zu kommunizieren, dass wir als Gründerinnen sehr risikobereit sind, im Gegensatz zu manch anderen weiblichen Personen. Das macht uns besonders geeignet, in dieser Unternehmerinnen-Rolle zu wachsen oder bereits erfolgreich zu sein. Solche Argumente und Verhaltensweisen betont man als Frau noch einmal anders, um seine Stärken hervorzuheben und zu zeigen, dass man sich dessen voll bewusst ist und damit umgehen kann. Wir haben in dieser Hinsicht viel gelernt. Hier weiße ich immer gern auf einer Statistik von XYZ hin, die beschreibt, dass nur 2% des Wagniskapitals in von Frauen gegründete Startups fließen!

Bei jeder Startup-Idee oder jedem Unternehmen gibt es Menschen oder Investoren, die perfekt passen, und andere, bei denen es nicht passt. Das lernt man. Es erfordert ein feines Gespür. Bei unserem Thema haben wir bereits in Sekunde 3 gemerkt, ob jemand verstanden hat, ob es bei ihm "klickt". Die Thematik ist komplex, weil wir einerseits grundlegende Forschung abdecken müssen, da sie noch nicht gemacht wurde, und andererseits ein Startup vorantreiben müssen, wo wir Traction zeigen müssen, Verkäufe aktivieren und eine normale Wachstumsrate vorweisen müssen. Tendenziell werden Frauen anders behandelt als Männer. Das ist eine Realität,“ so Isabelle.

Miriam ergänzt einen spannenden Punkt: „Im letzten Winter begannen Isabelle und ich zu zweit, und später stieß ein männlicher Co-Founder zu unserem Team hinzu - das machte einen deutlichen Unterschied. Die Anwesenheit eines männlichen Arztes, der bestätigt, dass unsere Idee funktioniert, trägt oft eine besondere Autorität, die von Männern häufig wahrgenommen wird.”

„Männer beanspruchen den Raum oft ohne Widerstand, ihr Auftreten ist in dieser Hinsicht anders.“

Bei Frauen ist dieser automatische Respekt nicht immer gegeben. Es ist frustrierend, aber es kostet Zeit für Frauen, um sich zu etablieren und ihr Können zu beweisen. Im Gegensatz dazu wird von Männern oft erwartet, dass sie bereits wissen, was sie tun, ohne sich zuerst beweisen zu müssen. Männer beanspruchen den Raum oft ohne Widerstand, ihr Auftreten ist in dieser Hinsicht anders. Das sind klare Unterschiede, die uns aufgefallen sind,“ erläutert Miriam.

Hier sollte sich zum einen die Investorlandschaft ändern und sich sowohl Frauen als auch Nischenthemen öffnen. Zum anderen dürfen besonders junge Gründerinnen hier aber nicht aufgeben. Theblood ist ein Paradebeispiel dafür, dass es funktioniert, solange man den Raum für sich beansprucht und an seine Idee glaubt.

Ein Ratschlag für Female Founder in männerdominierten Bereichen: 

“Einfach machen! Done is better than perfect! Mit dieser Herangehensweise sind wir selbst in die Rolle reingewachsen und sind bisher weit gekommen. Wir haben viel gelernt und haben auch versucht, Ratschläge zu befolgen, aber manchmal haben wir festgestellt, dass es uns nur begrenzt weitergebracht hat. Wir haben bemerkt, dass wir an anderen Stellen schon viel weiter waren. Also, niemals aufgeben, einfach weitermachen,” so Isabelle.  

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