Mit Empident Zahn- und Geldschmerzen vermeiden
Katharina Kittelberger
Ungefähr 75 % der Deutschen leiden unter Parodontitis. Das eigentlich Schlimme hierbei: die Betroffenen wissen es oftmals gar nicht. Diese Unkenntnis über jegliche Art der Zahnkrankheiten sorgt dafür, dass diese den dritten Platz der medizinischen Gesamtausgaben in Europa einnehmen – gleich nach Diabetes und Krebs.
„Wir fanden es erschreckend, wie unterbewertet dieses Thema ist“, so Sandra Paz de Lucas. Als Reaktion hierauf gründete sie im Jahr 2018, zusammen mit zwei Co-Foundern, das Startup Empident, wessen Dental-Scanner für Zuhause erstmalig einen datengetriebenen Zahnschutz anbietet. Dadurch werden nicht nur Zahnkrankheiten vorgebeugt, sondern auch die damit verbundenen Kosten gesenkt.
„Besonders drei Interessengruppen sind von Zahnbeschwerden betroffen:
Zum einen die Patienten, dann die Zahnärzte und schließlich die Versicherungen, welche für die Kosten der Behandlung aufkommen. Mit unserem Dental-Scanner können wir eine digitale Prophylaxe anbieten und somit für diese effiziente Vorbeugung sorgen. Dadurch profitieren alle Beteiligten gleichermaßen: die Patienten vermeiden Zahnkrankheiten, Zahnärzte werden dadurch entlastet und durch die Anfertigung von datengetriebenen Risikomodellen können auch die Versicherungen das Thema besser verstehen, vorsorglich Maßnahmen ergreifen und letztlich Geld sparen."
„Denn momentan ist die Prävention von Zahnkrankheiten eine Black Box“,
sagt Sandra. „Es ist grundsätzlich so, dass Zahnkrankheiten eine Verkettung von schleichenden Prozessen sind. Was mit unscheinbarem Zahnbelag anfängt, wird, über die Zeit unbemerkt, zu Karies und somit zum Problem. Die Patienten nehmen nur zwei Zustände wahr: entweder fühlen sie sich gesund oder krank. Alles was dazwischen passiert ist, kann ein Patient nicht beurteilen – das führt dazu, dass Zahnkrankheiten lange unentdeckt bleiben. Nicht zuletzt natürlich, weil diese für das menschliche Auge schlichtweg nicht direkt sichtbar sind.
Zahnkrankheiten kommunizieren nicht.
„Wenn es dann so weit kommt, dass der Zahnarzt eine Zahnkrankheit erkennt, ist es natürlich zu spät für jegliche Art der Prävention. Der Arzt kann nur noch reaktiv agieren.
„Hier kommt unser Dental-Scanner für Zuhause ins Spiel. Dieser ist ein bürstenloser Scanner inklusive Mini-Kamera, welcher zu einem Preis von ca. 100 € erworben werden kann. Während der drei- bis viermaligen Nutzung im Monat werden dann Mundhygiene-Daten generiert, welche im Anschluss durch eine KI ausgewertet werden. Die Ergebnisse sind für unsere Nutzer in einer mobilen App einsehbar und andererseits werden diese an den eigenen Zahnarzt-, sowie die Versicherung geschickt.
Erfolgreiche Prävention führt zu einer Win-win-Situation:
Alle Beteiligten gewinnen Gesundheit und sparen Kosten.
„Letztlich generieren wir durch den Verkauf unseres Dental-Scanners sowie die Weitergabe der damit generierten Daten an die Versicherungen unseren Gewinn. Der positive Nebeneffekt dabei: Wir lassen es überhaupt nicht erst zu Zahnkrankheiten kommen.“
Theoretisch genial. Schließt euer Produkt somit eine Marktlücke?
„Ja allerdings“, betont Sandra. Weiter führt sie aus: „Zwar gibt es bereits smarte Zahnbürsten welche während der Zahnpflege kontinuierlich Daten generieren, speichern und auswerten. Doch die Qualität dieser Daten ist fragwürdig, denn um das Risiko von Zahnkrankheiten zu bestimmen, müssen die Daten medizinische Relevanz haben. Das kann eine elektrische Zahnbürste nicht leisten.
„Empident bringt erstmals Licht in bereits beschriebene Black Box. Aufgrund von fehlenden technologischen Kenntnissen konnte dieser Bereich lange Zeit nicht bedient werden. Was uns auszeichnet ist, dass unser Dental-Scanner ausschließlich relevante Daten generiert, wie beispielsweise das Vorkommen von Karies oder eine auffällige Rötung des Zahnfleisches. Durch diese Art des Tele-Monitorings können wir dem einzelnen Haushalt künftig dabei unterstützen, eine möglichst effiziente Prophylaxe und ärztliche Versorgung zu betreiben.”
Zähne können fünf Minuten geputzt werden, und trotzdem werden relevante Stellen nicht gereinigt.
Ein ganzer Haushalt profitiert von eurem Dental-Scanner. Zielt dieser generell auf jede Altersklasse ab?
„Das kann man so sagen. Gewissermaßen 6 – 99-Jährige sollten ihre Zähne regelmäßig auf Zahnkrankheiten checken. In diesem Zusammenhang möchten wir im nächsten Jahr auch vertieft in die Altersmedizin gehen. Denn besonders pflegebedürftige Senioren sind unterversorgt, weswegen wir diese riesige Lücke schließen möchten.“
Günstig und effektiv: Bei der digitalen Prophylaxe scannt der Patient seine Zähne zu Hause mit einer DentalkameraEmpident - ein Startup von Patienten, für Patienten
„Besonders stolz sind wir darauf, dass Empident von Patienten gegründet wurde. Damit haben wir eine einzigartige Perspektive auf das Problem und bringen damit, verglichen mit Zahnmedizinern, einen stärkeren Fokus auf patientenzentrierte Lösungen. Unser Team ist mehr oder weniger aus Frustration entstanden: Einer von uns hatte schon länger Probleme mit seinen Zähnen, dem anderen wollte es nicht so wie seiner Oma ergehen und nicht zuletzt hat eine meiner Töchter Karies bekommen. Wir alle stellten uns die Frage:
Wieso bin ich unfähig, meine Zähne selbst richtig zu putzen?!
„Aus diesem Grund sind wir der Ansicht, mit unserem Push aus der Patienten-Perspektive ein praktisches Produkt erschaffen zu haben, welches nicht nur einen Mehrwert für den Markt sondern auch für erfolgreiche Zahnkrankheitsprävention in der Zukunft bringen wird.”
Sicherlich. Doch gab es in der Vergangenheit auch Rückschläge?
„Nicht nur einen“, lacht Sandra. „Angefangen haben wir mit einem analogen Produkt. Aber nachdem wir wochenlang mit verschiedensten Experten gesprochen sowie unsere Zielgruppe analysiert haben, merkten wir, dass wir unser Produkt dem Markt und der Nachfrage entsprechend anpassen müssen. Außerdem erkannten wir, dass zu diesem wichtigen Thema Zahnpflege nur eine äußerst geringe Bereitschaft herrscht. Das ist nicht zuletzt so, weil viele schlichtweg nicht wissen, dass ihnen etwas fehlt.
So viel wie möglich, so wenig wie nötig –
Diese Einstellung ist leider auch in der Zahnpflege die Regel.
„Natürlich sind Startups leidenschaftlich von ihrem Produkt überzeugt. Doch das birgt immer die Gefahr, nur genau das durchsetzen zu wollen, das einem im Kopf vorschwebt. Resultat ist, dass nicht richtig zugehört wird und somit auch das Produkt nicht sein volles Potenzial ausschöpfen kann.“
Habt ihr vor diesem Hintergrund einen besonderen Rat für Gründer?
„Zum einen ist das richtige Zuhören, zum anderen das Auseinandersetzen mit der Zielgruppe enorm wichtig. Seitdem wir das bewusst umsetzen, läuft unsere Entwicklung erfolgreicher als je zuvor. Letztlich sollte ein Startup niemals Angst vor dem Scheitern haben - im Gegenteil:
Unser Motto ist: Scheitere systematisch und schnell.
„Denn dadurch wird vermieden, zu lange auf Irrwegen zu gehen. Außerdem sollte selbstverständlich mit so vielen verschiedenen Persönlichkeiten wie nur möglich gesprochen werden. Dieser Pluralismus an Meinungen bringt einen zwar ins Schwanken, doch das ist die Voraussetzung, um zu erkennen, ob ein Produkt angenommen wird oder nicht.”
Was haben Judith Williams, die Höhle der Löwen und 5-HT mit euch zu tun?
„Die Sendung, Die Höhle der Löwen, hatte vor einigen Monaten eine Clubhouse-Session veranstaltet, an welcher ich teilnahm. Dort empfahl mir Judith Williams, eine der Moderatorinnen, dass 5-HT der top Akzelerator mit Fokus auf den Gesundheitsbereich ist. Von da an ging alles schnell: Von der Kontaktaufnahme mit euch bis hin zum ersten Pitch-Coaching hat sich durchweg bestätigt, wie richtig Judith mit ihrem Rat gelegen hat. Weil für Startups in der Gesundheitsbranche ein interdisziplinärer Austausch essenziell ist, suchen wir stets den Austausch mit den Experten auf verschiedensten Gebieten.
5-HT hat uns dabei geholfen, den letzten Schliff zu bekommen.“
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