Durch Digitalisierung Prozesse in Arztpraxen simpler gestalten
Laura Diez
In den meisten Arztpraxen werden Dokumente ausgedruckt, von Patienten händisch ausgefüllt, eingescannt, abgetippt und das Originaldokument wird anschließend vernichtet. Dies stellt einen großen administrativen Aufwand dar, ein Aufwand, der vermieden werden könnte.
Mithilfe des Münchener Startups Simpleprax wird ein Medienbruch in der Erhebung von Patientendaten verhindert. Anamnesebögen, Formulare und Verwaltungsdokumente müssen nicht mehr ausgedruckt werden, sondern werden direkt digital von dem Patienten ausgefüllt und in die jeweilige Praxisverwaltungssoftware importiert. Damit werden manuelle Prozesse in der Arztpraxis ersetzt.
Im Interview mit 5-HT Digital Hub Chemistry & Health erzählen die beiden Gründer Antonia Saleh und Simon Osterlehner von ihrer simplen Idee, die die Digitalisierung der Gesundheitsbranche vorantreiben soll.
Analoge Prozesse simplifizieren
"Wir sind ein Startup aus München, das digitale Anamnese und Datenerfassung in medizinischen Einrichtungen anbietet. Mit unserem Produkt können Ärzte Patienteninformationen direkt digital erheben und so Zeit in den täglichen Prozessen sparen,“ erklärt Antonia Saleh ihr simples Produkt. Die junge Gründerin wuchs selbst in einer Familie von Medizinern auf und hatte bereits früh Berührungspunkte mit den geläufigen Problemen in Arztpraxen und Krankenhäusern. „Mir ist aufgefallen, wie unfassbar analog die Prozesse innerhalb der Gesundheitsbranche ablaufen“, erzählt Saleh. Aus diesem Grund fasste sie bereits zu Schulzeiten den Entschluss, etwas zu verändern. In Simon Osterlehner hat die junge Unternehmerin einen passionierten Co-Founder gefunden. „Unser Ziel ist es, Medienbrüche bei der Abfrage von Patientendaten zu vermeiden und alle Papierformulare zu digitalisieren“, so Osterlehner. „Unsere Software hilft auch, Auffälligkeiten und Handlungsbedarf in der Anamnese zu erkennen und dem Arzt direkt anzuzeigen."
Weniger Bürokratie, dafür effizientere Abläufe
„Unsere Lösung kann die alltäglichen Abläufe in der Praxis, die sehr monoton sind, verbessern. Unsere Kunden wählen die Dokumente aus, die Sie mit dem Patienten teilen wollen. Für jede Dokumentgruppe gibt es einen Link, über den der Patient Zugriff auf die auszufüllenden oder zu unterschreibenden Dokumente bekommt.“, erklärt Antonia Saleh.
Der Patient kann den Link über die Praxiswebsite aufrufen oder er wird schon in der Terminbestätigungsnachricht zum Beispiel in einer E-Mail oder SMS eingefügt. Der Patient füllt die Dokumente aus und sendet sie ab. Die Informationen werden verschlüsselt und in Echtzeit an die jeweilige Praxis übermittelt und können direkt in die Praxissoftware importiert werden. Somit ist keine doppelte Verwaltung der Patientendaten notwendig und die Bürokratie ist schon erledigt, bevor der Patient die Praxis betreten hat.
Derzeit liegt der Fokus von Simpleprax auf Kundengruppen, die auch eine jüngere Patientenstamm haben, zum Beispiel auch auf Therapiepraxen im Bereich der Logopädie. Das Startup ist sich aber dennoch bewusst, dass nicht jeder die Möglichkeit oder das nötige Wissen hat, Dokumente vorab auf dem eigenen Smartphone auszufüllen. „Bei Arztpraxen mit gemischten Altersgruppen bieten wir eine Tablet-App an, über die die Dokumente auch im Wartezimmer digital ausgefüllt werden können. Hierbei kann zur Not auch die Sprechstundenhilfe oder eine Begleitperson helfen,“ erklärt Osterlehner den Umgang mit Senioren.
Simpleprax DashboardWeniger ist mehr: Intuitive Software mit dem Fokus auf Datenschutz und Sicherheit
Simpleprax ist eine datenschutzkonforme, cloud-basierte und vor allem intuitive Software, die eine standortunabhängige digitale Datenerhebung vor dem Termin ermöglicht. „Das ist eine Funktion, die schon längst überfällig ist,“ so die Gründer von Simpleprax. „Mit dem Ziel, die Hauptfunktionen mit möglichst wenig Klicks zu erreichen, haben wir jetzt eine sehr intuitive Software, die durch die Ende-zu-Ende Verschlüsselung auch noch sicher ist.“ Momentan ist Simpleprax das sicherste Produkt auf dem Markt und diese Stellung soll in Zukunft noch weiter ausgebaut werden.
Mehr Kooperation statt Konkurrenzdenken
„Die Zeiten, in denen Patienten große Umschläge mit Röntgenbildern von Arzt zu Arzt schleppen müssen, ist vorbei. Die Digitalisierung im Gesundheitswesen hätte im besten Falle bereits gestern stattfinden müssen,“ so die beiden Co-Founder von Simpleprax.
„Im Moment findet ein riesiger Boom von digitalen Lösungen im Gesundheitswesen statt. Viele einzelne Anbieter entwickeln Lösungen für kleine Teilprobleme, da gibt es gerade eine riesige Schwemme am Markt. Wir sind der Ansicht, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft eine einheitliche Plattform für die Zusammenführung digitaler Gesundheitswesen von großem Nutzen sein wird. Denn wenn Lösungen zusammen entwickelt werden, erhält die Gesellschaft am Ende das bestmögliche Ergebnis und nicht viele einzelne Teillösungen für ein und dasselbe Problem. Es gibt keinen anderen Weg, als die Gesundheitsbranche zu digitalisieren.“
Vom „Uni-Flur-Startup“ ins Homeoffice
„Wir haben erst ein paar Monate vor der Covid-19-Pandemie mit Simpleprax angefangen. Wir sagen immer, wir sind kein typisches Garagen Startup, sondern ein Uni-Flur-Startup. Zu Beginn haben wir immer in Uni Fluren oder leeren Vorlesungssälen gearbeitet. Dann ging es plötzlich ab ins Homeoffice und alles war digital – aber damit kennen wir uns ja gut aus. Da wir ein digitales Produkt entwickeln, hatten wir eigentlich keine Probleme während der Covid-19-Pandemie. Es wurde viel Remote gearbeitet und mit den nötigen Sicherheitsmaßnahmen konnten wir weiterhin Kundengespräche führen und produktiv an unserem Prototypen weiterarbeiten. Wir hatten viel mehr Zeit, da außen rum natürlich viel weggefallen ist. Hinzukommend gab es ein Umdenken am Markt, mehr digitale Lösungen werden benötigt, so gesehen sind wir ganz gut davongekommen. Denn plötzlich waren in der Gesundheitsbranche viel mehr digitale Events zu dieser Thematik. Zudem mussten beispielsweise Fragen geklärt werden, wie löst man das Problem mit Dokumenten innerhalb einer digitalen Sprechstunde?“
Simpleprax DashboardDie Zukunft von Simpleprax
„Wir sind bereits in einigen Arztpraxen und medizinischen Einrichtungen aktiv und wollen stetig weiterwachsen. Deshalb versuchen wir unser Produkt nicht nur auf Arztpraxen, sondern auch in therapeutischen Praxen zu verbreiten. Wir arbeiten eng mit unseren Kunden zusammen, um unsere Plattform langfristig zu verbessern und versuchen kundenspezifische Features in unserem Produkt umzusetzen. Über den medizinischen Bereich hinaus kann unser Produkt theoretisch überall dort eingesetzt werden, wo Daten digital erfasst werden müssen. Dadurch, dass wir aus einer im Umgang mit Daten sehr stark regulierten Branche kommen, ist unsere Plattform sehr sicher.“
Gründen in der Gesundheitsbranche – ein Rat für Gründer:
„Der beste Rat ist simple: einfach anfangen! In der Gesundheitsbranche ist es von großem Vorteil, von Anfang an mit Ärzten zusammenzuarbeiten. Es ist ausschlaggebend, direkt zu versuchen, an die Kunden ranzukommen und zusammen mit ihnen die tatsächlichen Probleme zu analysieren, damit man letztendlich auch das löst, was tagtäglich in der Praxis verbessert werden muss.“
5-HT Digital Hub – Ein Netzwerk, auf das man bauen kann
„Bei 5-HT profitieren wir vor allem von einem großen Netzwerk an starken Partnern und einem aktiven Austausch,“ so Antonia Saleh. „Gerade die Schnittstellen innerhalb der Software sind ein großes Problem in digitalen Gesundheitsanwendungen und genau hier möchten wir aktiv ansetzen und mit gutem Beispiel vorangehen, um Produkte zu entwickeln, die gut miteinander agieren. Man muss sich austauschen, um gemeinsam starke Lösungen zu entwickeln. Außerdem profitieren wir bereits von dem sehr gut ausgewählten Mentoren Netzwerk von 5-HT, wir hatten bereits den ein oder anderen Call mit Mentoren, die uns sehr weitergeholfen haben.“
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