Hochleistungsmaterialien erschwinglich machen

Laura Reich Diez

Startup Stories

Mit dem Ziel, Hochleistungsmaterialien für die Großserienproduktion erschwinglich zu machen, bietet das deutsche Startup FibreCoat eine revolutionäre Beschichtungstechnologie mit beschichteten Fasern für Verbund- und Abschirmungsanwendungen als Grundbaustein für die Mobilitäts- und Bauindustrie von morgen an und revolutioniert so den Composite-Markt.

Ob bewusst oder unbewusst, jeder von uns hat schon einmal Faserverbundwerkstoffe gekauft. Faserverbünde sind die Werkstoffe der Zukunft für Leichtbau. Leider werden diese Werkstoffe aufgrund ihres hohen Preises oft nicht eingesetzt.

- Robert Brüll

Die Gründer von FibreCoat: v.l Robert Brüll, Richard Haas und Alexander Lüking

Die Gründer von FibreCoat: v.l Robert Brüll, Richard Haas und Alexander Lüking

„Im Rahmen unserer Arbeit an der RWTH Aachen haben wir uns sehr viel mit Faserverbünden und der komplexen Prozesskette beschäftigt,“ erzählt Robert Brüll
„Mit der Idee, diese Komplexität zu reduzieren und die gesamte Herstellung in einem Schritt zu erledigen, bin ich auf Alex zugegangen, da er sich mit einem Teil dieser komplexen Prozesskette beschäftig. Gemeinsam haben wir dann nachgewiesen, dass unsere Idee einer kunststoff-ummantelten Glasfaser im Prinzip funktioniert. Mit Richard kam dann der Blick für den Markt und die Anwendungen dazu. Uns wurde schnell klar, dass wir hier an etwas Großem dran sind und eine Verwertung nur durch uns stattfinden kann.“

Not macht erfinderisch - Lieferengpässe durch Corona führen schlussendlich zum Durchbruch

Während sich viele Menschen durch die Covid-19-Pandemie privat vor allem in ihren Freizeitaktivitäten stark einschränken mussten, so auch die Gründer von FibreCoat, konnten sie sich auf der anderen Seite vollkommen auf ihr Startup konzentrieren. 

„Geschäftlich gesehen, war Corona ein Traum“, erläutert Brüll die Situation. „Wir hatten keine Konferenzen oder Tagungen mehr, Corona hat uns Zeit und Ruhe verschafft. Während dem Lockdown hatte ich morgens ein Vortrag in Japan, mittags in Australien und konnte abends noch in den USA an einer Veranstaltung teilnehmen. Alles bequem und unkompliziert aus den eigenen vier Wänden. Vor der Pandemie war das undenkbar und physisch einfach nicht möglich. Dadurch hatten wir sehr viel Zeit für die Entwicklung und den Aufbau unseres Unternehmens.

Als wir FibreCoat gegründet haben, lag unser Fokus auf der Beschichtung von Kunststoff auf Glas. Durch Corona hatten wir Lieferengpässe in der Zulieferung für die Anlagen und Materialien. Deshalb haben wir mit der gleichen Technik einen Leerlauf gestartet, um herauszufinden, ob das Ganze auch mit Metall möglich ist. Das Überraschende: es war viel einfacher und lässt sich deutlich schneller herstellen. Ca. fünf bis sechs Monate später hatten wir AluCoat, wie wir unser Produkt genannt haben, auf Industriemaßstab.“

Das AluCoat Material verhält sich wie eine Aluminiumfaser ist aber an sich eine Basaltfaser mit Aluminiumbeschichtung. Es wird tatsächlich aus dem Stein Basalt eine Faser gezogen und dann kommt Aluminium drauf. Die Festigkeit und Wärmebeständigkeit ergibt sich aus dem Basalt und die elektrische Leitfähigkeit und Temperaturleitfähigkeit kommt vom Aluminium.

Diese Eigenschaftskombination gibt es heutzutage zwar schon, allerdings kosten vergleichbare Fasern um die 600 Euro pro Kilo oder sogar bis zu 25.000 Euro pro Kilo. FibreCoat bietet seine Fasern zwischen 30 und 80 Euro pro Kilo an. „Das heißt wir sind zehn Mal günstiger als der Stand der Technik und haben darüber dann auch das Alleinstellungsmerkmal,“ erläutert Brüll. „Das AluCoat Material an sich, hat gegenüber anderen Materialien immense Vorteile: Temperaturleitfähigkeit und Abschirmung. Zum einen kann ich es zur Kühlung diverser Systeme nutzen, dementsprechend wenn ich Wärme ableiten möchte.

Es kann aber auch zur Abschirmung genutzt werden. Beispielsweise zur elektromagnetischen Abschirmung entweder in E-Autos für Batteriegehäuse oder in Gebäuden zum Schutz vor 5G oder in Elektronik im Allgemeinen. 

Ein vielseitiges Produkt für jeden Markt

FibreCoat führt aktuell knapp 30 Pilotprojekte durch. Diese teilen sich auf diverse Märkte auf. „Derzeit bedienen wir zum einen die Automobilindustrie, hierbei vor allem die Bereiche Zulieferung und Herstellung von Elektromobilität und zum anderen den Bausektor, welcher sich mit der Abschirmung von Gebäuden beschäftigt. Dann haben wir noch einen kleinen Teil im Bereich Filtration sowie in der Rüstungsindustrie,“ erläutert Brüll die breitgefächerten Zielgruppen. „Wir fokussieren nicht unbedingt eine Zielgruppe sehr explizit, weil das Material bei uns immer das gleiche ist und wir die Faser immer B2B auf die gleiche bzw. eine ähnliche Art und Weise verkaufen.“

Unsere Fasern sind vielseitig einsetzbar und müssen lediglich geringfügig angepasst werden. Am einfachsten kann man sich das wohl mit einem Vergleich vorstellen: Eine Baumwollfaser kann sowohl in einem Pullover, T-Shirt oder einer Hose verarbeitet werden. Dabei muss nicht zwangsläufig etwas an der Baumwollfaser verändert werden.

- Robert Brüll

Vielmehr die unterschiedliche Dynamik der Märkte beschäftigt das Startup in seiner Vertriebsstrategie. „Unser Problem ist, das die Märkte sehr unterschiedlich sind, also während die Automobilindustrie mehrere Jahre benötigt bevor ein größerer Auftrag vergeben wird, ist der Bausektor deutlich schneller. Deshalb versuchen aktuell Kunden in verschiedenen Märkten anzusprechen, um unsere Fasern zukünftig breitgefächert über verschiedene Märkte aufzustellen.“

Eine weitere Eigenschaft – die elektromagnetische Abschirmung

In der Elektromobilität, die Batterien, die Antriebsstränge und die Kabelbäume, die ignoszieren alle verschiedene Ströme und führen zu elektromagnetischer Strahlung. Diese wiederum zu Interferenzen, das heißt es kann sein das der Computer ausfällt oder das Navi falsch kalkuliert oder das autonome Fahren Fehler produziert, weil es zu Interferenzen kommt. Aus diesem Grund müssen die ganzen Sachen geschirmt werden. Dieses Schirmen, das gibt es heute schon wir bieten es einfach nur viel billiger an. 

„Wir haben technisch ein sehr gutes Produkt, denn wir kombinieren eine relativ feste Faser mit Metall, dadurch erreichen wir höhere Festigkeiten. 90 % von Faserverbund sind mit Glas gemacht und wir haben die gleichen Eigenschaften wie dieses Glas, das heißt man kann unsere Faser einfach mit in diesen Verbund einbringen hat die gleichen Eigenschaften was die Festigkeit und Härte und Steifigkeit angeht aber unser Produkt enthält einen weiteren Bonus: die Abschirmung. 

Das heißt das ist ein Vorteil, den all unsere Konkurrenten auf dem Markt derzeit noch vernachlässigen.  Da wir ein Startup sind können wir auch sehr schnell und flexibel agieren und kundenspezifische Wünsche umsetzen. Zum Beispiel fragen Kunden immer wieder nach ein bisschen anderen Typen, ob jetzt die Beschichtung ein bisschen dicker sein muss oder dass sie das dann am Ende nicht als Garn haben wollen, sondern die wollen vielleicht als Textil oder geflochtenes Textil. Da können wir eben sehr schnell reagieren, weil wir eben in keiner Form abhängig sind. Das ist bei den großen (Unternehmen) nicht unbedingt so.“ 

Top 50 Startups – Wie erklärst du dir den Erfolg und welchen Rat würdest du Gründern geben?

„Das hat mehrere Gründe. Zum einen kann man nur Preise gewinnen, wenn man sich dafür bewirbt. Viele Gründer denken sie wären noch nicht so weit und nehmen deshalb an keinen Wettbewerben teil. Aber man muss es einfach versuchen. Selbst wenn man nicht gewinnt, das Mentoring und der
Support, den man erhält, ist Gold wert. Wenn man als Startup die Kapazitäten dazu hat, sollte man immer an Wettbewerben teilnehmen, denn auch eine vermeintliche Niederlage hat unendlich viel Lerneffekt.

Zum Erfolg: wir haben einen großen Markt und sind sehr skalierbar. Hinzukommend können wir bereits nachweisen, dass wir zahlende Kunden haben, das zeigt, dass das Ganze Hand und Fuß hat. Am Ende ist es so, wenn man einen Business Plan macht und alle Fragen beantworten kann, dann ist das ein guter Plan, weist der Plan jedoch Löcher auf sollte man sich nochmal Gedanken über seine Idee machen.“

Von der Universität in die Startup Szene

„Also zum einen ist die RTWH Aachen Großteiles daran schuld, dass ich in der Startup Szene gelandet bin,“ schmunzelt der Gründer. „Die RTWH bietet ein Umfeld, indem man wirklich viel machen und probieren kann, gerade technisch bewegt man sich sehr nah an der Industrie. Dadurch hatte man immer einen Blick auf den Markt.

Dann war es tatsächlich der Frust. Wir hatten immer gute Ideen und vielversprechende Ergebnisse aber von der Industrie wurde nichts aufgenommen. Der Grund ist einfach, dass diese sehr träge ist. Und hier haben wir einfach gesagt wir haben das Potential. Somit haben wir den Impuls zu gründen gefasst.“

Neben vielen weiteren Preisen hat das Startup im Frühjahr 2021 den Rise Business Plan gewonnen und viel Aufmerksamkeit und Zuspruch erhalten. Auf diesem Erfolg wird sich aber nicht ausgeruht. 

„Derzeit läuft eine Investmentrunde, Ziel ist es diese zur Jahresmitte abzuschließen, parallel sollten die 30 Pilotprojekte abgeschlossen sein. Dann ist das nächste Ziel unsere Produktion hochzuskalieren, momentan produzieren wir 5 Tonnen im Monat und möchten bis zum Jahresende 60 Tonnen produzieren. Langfristig gesehen, möchten wir natürlich immer weiter skalieren und immer mehr Märkte erobern um 2023 auch große Produktionsstätte außerhalb Europas zu haben. Zusätzlich sind weitere Produkteinführungen geplant.“ 

Kontinuierliche Innovation und starke Partnerschaften

„Derzeit haben wir bereits mehrere Patente, das älteste Patent ist auch schon in Europa und den USA sozusagen angemeldet und das neueste ist jetzt erst zu Beginn des Jahres rausgegangen. Das Ziel ist aber das wir mit steigendem Erfolg weltweit patentieren. Der Vorteil unserer Patente: wir haben zum einen den Prozess patentiert, aber wir patentieren auch das Material. 

Momentan bauen wir keine eigene Produktion auf, sondern mieten diese Produktionsanalgen bei aktuellen Herstellern an,“ erklärt Brüll ihr derzeitiges Geschäftsmodell. „Somit haben wir den Vorteil, dass fast jeder derzeit eine Überkapazität hat. Das heißt teilweise sind 50% ihrer Anlagen nicht ausgelastet und dadurch werden wir mit offenen Armen empfangen. Unser Ziel ist es weltweit zu skalieren. Unser Modul ist relativ klein und handlich was man in den Prozess miteinbaut. Es sind ca. 4 Stunden von Aufbau bis hin zur Produktion.

Materialien sind die Grundbausteine unserer Industrie, und indem wir sie erschwinglicher machen, können wir einen enormen Einfluss auf unsere Gesellschaft haben,“ erklärt Robert Brüll. „Bei FibreCoat setzen wir vor allem auf kontinuierliche Innovation und starke Partnerschaften. Wir machen stetige Fortschritte in unserer Produktionseffizienz. 5-HT gestaltet sich als perfekter Partner für uns, dar unser nächstes Produkt chemisch ausgerichtet ist. 

Wir freuen uns ein aktiver Part des Ökosystems zu sein, denn aus unserer Sicht ist ein gutes Netzwerk für jedes Startup Gold wert.“

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