Wie autonome Roboter unsere Industrie sicherer machen

Katharina Kittelberger

Startup Stories

Wer sind die zukünftigen Mitarbeiter des Monats? Autonome Roboter! Energy Robotics bietet als erstes Unternehmen eine kommerziell erhältliche Softwarelösung für die intelligente Robotersteuerung und das cloudbasierte Flottenmanagement von autonomen, mobilen Bodenrobotern für Ferninspektionen und -überwachung an. Diese werden primär in rauen und anspruchsvollen Umgebungen wie der Öl-, Gas- und petrochemischen Industrie eingesetzt. Strom-, Solar- und Wasserwerke folgen allmählich.

Das Expertenteam hat in den letzten Jahren mehrere der wichtigsten internationalen Wettbewerbe für autonome Roboter zur Ferninspektion gewonnen. Gefördert wurde die Initiative durch Merck, einem führenden Wissenschafts- und Technologieunternehmen, sowie Boston Dynamics, die weltweit führend in der Entwicklung und dem Einsatz von hochmobilen Robotern sind. „Innovation ist kein Sprint, sondern ein Marathon“, so Marc Dassler, CEO und CO-Founder. Im Interview mit 5-HT erzählt er uns, wie Energy Robotics seine Ausdauer trainiert.

Das Team von Energy Robotics: v. l. n r. Dr. Dorian Scholz, Marc Dassler, Dr. Alberto Romay, Dr. Stefan Kohlbrecher

Nochmal zum Verständnis: was genau macht Energy Robotics?

„Grundsätzlich entwickeln wir Steuerungssoftware, die industrielle Inspektionsaufgaben durchführen. Nach über zwanzig Jahren in der Forschung gründeten wir im Jahr 2019 Energy Robotics als Spin-Off der Technischen Universität Darmstadt. Mittlerweile sind wir das führende Unternehmen für die Steuerung autonomer, mobiler Roboter in industriellen Anwendungen.“

Routineinspektionen, Sicherheit & Überwachung: Was ist der Hintergedanke bei der Entwicklung von autonomen Robotern?

„Prinzipiell ist es so, dass Roboter gewisse Routineinspektionen genauer durchführen können als Menschen. Ob es nun an den physischen Grenzen einer Person oder auch an einer menschenfeindlichen Umgebung liegt. Letzteres meint vor allem, dass heutzutage noch immer viele Arbeiter:innen in gefährlichen Milieu tätig sind, in denen täglich Unfälle passieren. Diese können sowohl gesundheits- als auch lebensgefährdend sein. Auch im Bereich Sicherheitsüberwachung sind wir tätig, beispielsweise für große Industrieanlagen.“

Na gut, aber der Mensch führt solche Arbeiten doch seit Jahrhunderten aus. Wieso dies nun ändern? 

„Selbstverständlich, aber zum einen reduzieren wir durch den Einsatz von Robotern die Kosten auf der Inspektionsseite. Zum anderen erhöhen wir die Sicherheit, weil wir Menschen aus diesen gefährlichen Umgebungen abziehen. Letztlich erhöhen wir so die Qualität der Inspektion, weil der Mensch für diese Art der Arbeit einfach nicht gemacht ist. Dieser übersieht nach zu häufiger Wiederholung schnell mal, dass diese Schraube angezogen werden muss oder jenes Rohr einen Fehler hat. Da ist ein Roboter wesentlich fehlerfreier als ein Mensch.

Roboter reagieren um den Faktor 1.000 früher als Menschen.

„Damit einhergeht, dass sich “Down-Times” vorbeugen lassen. Denn dadurch, dass Roboter sensibler, beispielsweise auf das Austreten von Gasen reagieren, kann auf diese Probleme frühzeitig eingegangen werden. Dadurch werden neben Emissionen vor allem Kosten, Zeit und eine Menge Geld gespart. Wenn einem nicht bemerkten Fehler präventiv vorgebeugt werden kann, kommt es erst gar nicht dazu, dass gleich eine ganze Fabrik heruntergefahren werden muss.” 

Wird der Mensch dadurch nicht ersetzt?

„Im Gegenteil. Der in den westlichen Nationen durch den demografischen Wandel entstehende Fachkräftemangel ist ein enormes Problem. Die Stellen unserer momentanen Inspekteur:innen müssen nachbesetzt werden. Um unseren Wohlstand aufrecht zu halten, brauchen wir Digitalisierung und Autonomisierung. Daher ist es sinnvoll, Arbeiten an Roboter abzugeben, damit sich der Mensch auf die Bereiche konzentrieren kann, in denen er besser ist als jegliche autonome Technik.“ 

Der Roboter Spot, den ihr zusammen mit eurem Partner Boston Dynamics entwickelt habt, wurde in Europa erstmals von der Firma Merck getestet. Wie war's?

„Es war ein voller Erfolg. Wir haben für Spot einen automatisierten Pfad durch Mercks‘ mehrstöckige Anlage gestaltet. Das Ergebnis war eine reibungslose und erfolgreiche Mission, die insgesamt eine Stunde dauerte und in der Spot einen Parcours absolvierte, in welchem er auch Industrietreppen problemlos überwunden hat.“

Energy Robotics hat Spot mit Wärme- und Zoomkameras, 4G-Funkkommunikation, Onboard Computing und seiner Software-Suite ausgestattet, um überwachte autonome Inspektionsrunden durchzuführen.

Wo werden eure Roboter sonst noch allgemein eingesetzt?

„Überall dort, wo Inspektionen notwendig sind und wo diese automatisiert werden können, oder auch müssen. Es ist eher unüblich, dass in eine bereits existierende Industrie-Infrastruktur nochmal viel Geld für deren Modernisierung investiert wird. Das bedeutet, dass beispielsweise IoT aus Kostengründen nicht überall da angebracht wird, wo es notwendig wäre.

Unsere Roboter sind hier eine flexiblere und auch kostengünstigere Lösung.

„Die Besonderheit liegt darin, dass unsere Roboter in Umgebungen zum Einsatz kommen, in denen bisher ausschließlich Menschen tätig waren.” 

Ein zuversichtlicher Blick in die Zukunft?

„Mit Sicherheit. Aktuell haben wir bereits drei Robotermodelle auf dem Markt. Zwei weitere folgen in den kommenden Monaten. Unter anderem eine Drohne, mit welcher besonders Fabrikgelände überwacht werden können. Durch dieses dynamische System lösen wir nun das „Tote-Winkel“-Problem, denn wenn eine Auffälligkeit wahrgenommen wird, reagiert unser Roboter und alarmiert beispielsweise die Wachmannschaft. Darüber hinaus forschen wir an einer VR-Brille, mit welcher unsere Roboter gesteuert werden können. Damit lassen sich künftig autonome Manipulationsaufgaben durchführen.“

Trotz all der Technik und Autonomie bleibt die alleinige
Entscheidung beim Menschen.

Vorbereitung auf den Marathon - Ein Rat für Gründer

„Besonders auf drei Dinge sollte geachtet werden. Zum einen darauf, dass der Prozess eine Achterbahnfahrt wird. Jeder hat erfolgreiche Momente und solche, in denen er am Boden zerstört ist. Dieses Auf- und Ab wiederholt sich jeden Tag. Zum anderen braucht es Durchhaltevermögen sowie den Glauben an die eigene Idee, welche in jeder Situation verteidigt werden muss. Natürlich sind verlässliche Co-Founder und Team-Mitglieder auch unersetzlich. Von vorneherein sollte klar sein, dass Startups ein hochdynamisches Umfeld sind. Jemand, der in diesem Chaos nicht navigieren kann oder die Vision aus den Augen verliert, wird nur schwer ans Ziel kommen. Auch sollten die eigenen Kräfte so weit unter Kontrolle sein, dass der Marathon gemeistert werden kann. Denn es bringt nichts, gleich zu Beginn das ganze Pulver zu verschießen.“

Seht ihr in 5-HT einen geeigneten Förderer?

„Auf jeden Fall. Der 5-HT Ansatz ist wirklich großartig, denn meiner Meinung nach muss der Standort Deutschland gestärkt und in Bezug auf Innovationen neu erfunden werden. Es sollten wesentlich mehr Schranken abgebaut werden, die Startups daran hindern, Innovationen auf den Weg zu bringen.”

Deutschland hat sein Innovationspotential noch nicht ausgeschöpft. Wir sehen 5-HT als wichtigen Bestandteil, der dieses künftig stärker voranbringt.

„Außerdem haben Startups die Möglichkeit, wesentlich schneller zu handeln. Im Vergleich dazu ist ein großes Unternehmen behäbig und kann vieles nicht einfach so durchsetzen.
Trotzdem ist die Zusammenarbeit beider Seiten wichtig. Wir finden, dass die Initiative von 5-HT uns auch näher mit der Industrie zusammenbringt.“

42,2 Kilometer können unendlich mühsam sein - müssen es aber nicht. Die richtige Einstellung, motivierte Partner sowie unterstützende Rahmenbedingungen sind Voraussetzungen zum Erfolg.

So genießt Energy Robotics den Rückenwind durch 5-HT.

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