Prozessführung durch Augmented Reality
Celine Jörns
Tackernde Maschinen Tag und Nacht, parallele Arbeitsprozesse mit bis zu drei verschiedenen Schichten, strenge Regularien und oft 500 Arbeitsschritte oder mehr in einem Vorgang. Komplexe Prozesse und eine stressige Arbeitsumgebung innerhalb regulierter Industrien sind keine Seltenheit. Diese können schnell zu einer erhöhten Fehlerquote, langen Einarbeitungs- sowie Stillstandzeiten führen. Das Resultat sind überdurchschnittliche Ineffizienzen. Das Startup Goodly Innovations hat sich diesem Problem angenommen und das System OptiworX entwickelt, welches Prozesse digital abbildet und Mitarbeiter mithilfe von Augmented Reality an ihren Aufgaben entlangführt. Robert Hoffmeister, Gründer und CEO von Goodly Innovations, hat uns im 5-HT Interview erzählt, wie OptiworX angewendet wird, welche Industrien das Startup mit seiner Lösung unterstütz und warum es gegenüber der Konkurrenz die Nase vorn hat.
Robert Hoffmeister, Gründer und CEO von Goodly InnovationsWer ist Goodly und warum „Goodly“?
Goodly Innovations entstand 2016, als die Gründer mit ihrem Knowhow aus der Pharma- und interaktiven Technologie aufeinandertrafen. Mit der Tatsache, dass Verpackungsprozesse in der regulierten Pharmaindustrie teilweise Ineffizienzen von über 60% aufweisen, hatte Dirk Schrader, während seiner 20-jährigen Erfahrung als Pharmatechnologe stets zu kämpfen. Zusammen mit Robert Hoffmeister, der jahrelange Erfahrung aus dem computer-grafischen Bereich mit sich bringt, entstand die Idee Augmented Reality und Smart Devices für dieses Problem einzusetzen.
„Unser Ansatz war es, eine Lösung zu finden, die eine flexible digitale Prozessführung ermöglicht und an dem Skill-Level oder der Persönlichkeit des Einzelnen angepasst ist.“, so Hoffmeister.
OptiworX – das Multi Erlebnis im Arbeitsalltag
Diese Lösung nennt sich OptiworX und ist ein dynamisches Prozessführungssystem das speziell für die regulierten Prozesse der Pharma- und Biopharma-Industrie entwickelt wurde. Mithilfe von Augmented Reality führt das System die Nutzer flexibel und individuell durch den gesamten Arbeitsprozess. Hierbei sind verschiedenste Endgeräte, wie Augmented Reality Brillen, Smart Glasses und Tablets kompatibel. „Unser Anspruch an diese komplexen Prozesse ist es, sie so abzubilden, dass sie von beliebig vielen Personen gleichzeitig abgearbeitet werden können und jeder das Endgerät nutzen kann, das für ihn das Richtige ist. Wir nennen das dynamische Multi-User, Multi-Device Process-Guidance.“ Konkret bedeutet das, dass sich theoretisch unendlich viele Nutzer mit unendlich vielen Endgeräten parallel einloggen und am Prozess teilnehmen können.
OptiworX führt die Nutzer mithilfe von AR durch den ArbeitsprozessDer punktuelle und zentimetergenaue Wegweiser
Robert Hoffmeister erklärt, wie OptiworX in die Arbeitsumbegbung integriert werden kann: „Unsere Prozesslogik funktioniert prinzipiell auch ohne Augmented Reality, aber um die Leistung des Systems voll auszunutzen, machen wir oder der Kunde einen Scan von der Umgebung, sodass sich unser System daran orientieren kann. Das ist eine Sache von Minuten, weshalb wir zur Installation keine großen Stillstandzeiten benötigen.“ Die Software wird in die existierenden IT Landschaften des Kunden integriert, wodurch die generierten Daten in Echtzeit überspielt werden und beispielsweise zu Analysen oder für Chargen-Protokolle verwendet werden können. „Den Prozess kann der Kunde stets schnell und flexibel entsprechend der individuellen Erfordernisse designen oder unsere Berater helfen dabei.“, so Hoffmeister. Ist das System integriert, müssen sich die Mitarbeiter mit den Endgeräten einloggen, damit erkannt und dokumentiert wird, wer an den Prozessen arbeitet und was gearbeitet wird. Sobald ein Nutzer mit seiner Augmented Reality Brille, Smart Glass oder seinem Tablet eingeloggt ist, wird er mithilfe von Hologrammen und digitalen Anweisungen fehlerfrei durch seine Aufgaben geleitet. „Wenn der Mitarbeiter beispielsweise eine Augmented Reality Brille nutzt, führt OptiworX ihn auch in einer mehreren Hundert qm großen Umgebung zentimetergenau an die Stelle, an der die nächste Aufgabe erledigt werden muss. Dort erhält er dann eine Anweisung was zu tun ist.“ Dadurch wird ermöglicht, dass selbst neue Mitarbeiter, die noch nicht mit dem Prozess vertraut sind, fehlerfrei anfallende Aufgaben erledigen können.
Die Hologramme leiten die Mitarbeiter zu den nächsten AufgabenVorteile über Vorteile
Doch nicht nur das schnelle Anlernen von Prozessen wird durch OptiworX ermöglicht. Robert Hoffmeister führt den Zweck und die Vorteile des Systems auf: „Wir sind keine Automatisierungstechnologie, die den Job der Mitarbeiter übernimmt, sondern ihnen die Arbeiten vereinfacht, den Stress nimmt, die Fehlervermeidung unterstützt und die Effizienz steigert. Dabei erfüllt OptiworX auch einen Dokumentationszweck, da das System alles protokollieren kann. Ein automatischer, positiver Nebeneffekt hiervon ist auch der Paperless Vorteil.“ Bei der Entwicklung des Systems, sei vor allem die Mitnahme der Arbeiter von großer Wichtigkeit gewesen. „Die individuelle Flexibilität und Entscheidungsfreiheit ist ein enorm wichtiger psychologischer Aspekt, den OptiworX inkludiert. Das System zwingt den Mitarbeiter nicht, eine bestimmte Aufgabe als nächstes zu übernehmen, sondern lässt ihm den Freiraum selbst zu entscheiden was er zuerst machen möchte.“, so der Gründer.
Kunden und Partner aus den global Top 20
Zu Goodly Innovations bisherigen Kunden und Partnern zählen hauptsächlich große und mittelständische Unternehmen aus dem Pharmabereich.
„6 der globalen Top 20 Pharmafirmen arbeiten schon produktiv mit OptiworX oder sind gerade dabei das System zu implementieren.“, berichtet Hoffmeister.
Doch das Startup könnte seine Lösung auch stärker in weiteren Industrien verbreiten: „Wir sind momentan im regulierten Bereich aktiv. Zu Beginn wollten wir erstmal den Pharma- und Biopharmabereich beliefern, da wir diesen Markt kennen und die Kunden hier sicher sein können, dass wir Ihre Bedürfnisse verstehen. Goodly erhält mittlerweile aber auch aus anderen Bereichen, wie der Chemie Anfragen.“ Die Motivation der Kunden kann allerdings variieren. Zum einen werden größere Kapazitäten angestrebt, indem Stillstandzeiten reduziert werden. Zum anderen wird das System eingesetzt, um die Qualität der Produkte zu steigern und einen fehlerfreien Prozessablauf zu erreichen oder um neue Mitarbeiter effizient und sicher zu trainieren. OptiworX ist also für verschiedenste Use-Cases einsetzbar.
Enorme Erfolge durch OptiworX
Nicht nur die flexible Einsetzbarkeit von OptiworX überzeugt. Kunden berichten auch von enormen Erfolgen durch die Verwendung des Systems. Prozesse konnten beispielsweise um über 50% beschleunigt, Fehler bis zu 100% vermieden und das Onboarding Training schon am ersten Tag auf die erwünschte Präzession und Geschwindigkeit gesteigert werden. Zurecht wurde Goodly Innovations deshalb 2019 der Innovations Award beim Pharma MES Kongress verliehen, welcher für Innovationen im Bereich Manufacturing Execution einmal im Jahr international verliehen wird. Goodly konnte hier große Namen globaler Konzerne auf die Plätze verweisen.
Die Nase vorn im regulierten Bereich
Davon, dass Goodly Innovations sich auch gegenüber der Konkurrenz durchsetzen kann, ist Robert Hoffmeister überzeugt:
„Wenn jemand eine ausgereifte Lösung für den regulierten Bereich sucht, dann haben wir eindeutig die Nase vorn.“
Andere Firmen böten zwar auch Lösungen für die Prozessführung an, diese sind aber nicht an die Bedürfnisse der Pharmaindustrie, die regulatorischen Vorschriften und die Komplexität der Prozesse angepasst. „Meines Wissens gibt es kein anderes System, das in der Lage ist, dynamisch solch komplexe Prozesse abzubilden, um sie dann wiederum einer beliebigen Anzahl an individuellen Mitarbeitern gleichzeitig zur Verfügung zu stellen. Und wir sind immer stark am Schauen was die Konkurrenz so treibt.“, so der Gründer. Auch hinsichtlich der Datensicherheit kann Goodly Innovations punkten: „Wenn man sich Standardlösungen von Marktbegleitern anschaut, erkennt man, dass diese zum Beispiel oft nicht sicherstellen können, wie und wo Daten in der Cloud nachvollziehbar gespeichert und verwaltet werden. Goodly Innovations Lösung ist hier flexibel und arbeitet nicht unbedingt Cloud-basiert, sondern auf ‚ on Premise‘, also vor Ort.“
„Wir sind Goodly INNOVATIONS– wir wollen uns weiterentwickeln“
Auf die Frage, ob OptiworX als final entwickeltes Produkt auf dem Markt ist, kann Robert Hoffmeister nur schmunzeln: „Ja, wir haben ein fertig entwickeltes und marktfähiges Produkt. Aber wir haben immer auch zahlreiche Ideen, an denen wir weiter arbeiten wollen und können. Immerhin sind wir Goodly Innovations und nicht Goodly Innovation.“ Momentan befasst sich das Startup beispielsweise mit dem Themen AI und Gamification; Trainings und Onboarding Tools, um die Nutzung der AR Brillen und auch von OptiworX spielerisch zu erklären und den Umgang ohne Druck zu lernen, außerdem mit der Implementierung neuer Endgeräte. Weitere Pläne und Ziele für die Zukunft sind das globale Wachstum und der weitere Ausbau eines Partnernetzwerkes. „Europaweit sind wir schon in 7 Ländern vertreten. Doch wir werden dieses Jahr auch über Europa hinaus expandieren, wobei wir nicht nur die naheliegendsten westlichen Regionen anstreben, sondern durchaus auch nach Asien möglich ist. Unsere Kunden sind global, deshalb müssen wir auch in diese Richtung wachsen und geben Gas in Richtung einer globalen Skalierung.“, erzählt Hoffmeister.
Goodly’s Erwartungen an 5-HT
In diesem Punkt und im Ausbau seines Partnernetzwerkes erhofft sich Goodly Innovations Unterstützung von 5-HT. Auch bezüglich der Orientierung in neuen Industrien erkennt Robert Hoffmeister Chancen durch unsere Kooperation: „Wir sind bisher organisch sehr in Pharma verankert, sehen aber wirklich Potenzial im Bereich Chemie. Unsere Software ist nicht zwangsweise nur für Pharmaprozesse, sondern auch für andere Industrien geeignet. Hier finde ich sehr interessant, auf ein weiteres Netzwerk zurückgreifen zu können. Auch Veranstaltungen, Round-Tables, Vorträge und die Gespräche danach sind unwahrscheinlich wertvoll, da man hier die Connections zu verwandten Prozessen und Industrien aufbauen kann.“
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