Probe für Probe eine schnelle und zuverlässige Krebsdiagnose

Laura Diez

Startup Stories

Jeder zweite Mensch in Deutschland wird im Laufe seines Lebens mit einer Krebsdiagnose konfrontiert. Darum ist es umso wichtiger, dass eine Diagnose möglichst zeitnah, sicher und zuversichtlich erfolgt. Das Münchener Startup Inveox entwickelt Systeme zur Digitalisierung, Automatisierung und Vernetzung von Pathologielaboren. 

Die Teilnahme von Inveox an Veranstaltungen wie unserem diesjährigen eHealth Symposium Südwest 2022 sind für das Startup laut Maria Sievert, Co-Gründerin von Inveox, von „herausragender Bedeutung. Sie geben uns eine professionelle Bühne und den Zugang zu einem Fachpublikum mit entsprechender Expertise im Bereich Medizintechnik. Deshalb sind wir stolze Partner des 5HT Digital Hub, denn jeder Kontakt von heute kann schon morgen der wichtigste sein!“

Im Interview mit 5-HT gibt uns Maria Einblicke in die Technologie von Inveox sowie die vielseitigen Vorteile einer Digitalisierung der Histopathologie (=Wissenschaft von krankhaften Gewebeveränderungen). 

Maria Sievert, Co-Gründerin von Inveox

Was ist die Idee hinter inveox? 

„Die grundlegende Idee ist zunächst ganz einfach: Wir wollen Menschen helfen – Probe für Probe. Das erreichen wir, indem wir Lösungen und Systeme entwickeln, die Arztpraxen und Histopathologielabore vernetzen. Gerade im Bereich Digitalisierung ist hier noch starkes Innovationspotential, das für alle Seiten von Vorteil ist. Medizinisches Personal kann zum Beispiel durch digitale Lösungen Prozesse beschleunigen und Dokumentationen nachhaltig und elektronisch speichern. Auch auf Seiten des Labors werden Prozesse sicherer, wenn sie automatisiert oder digitalisiert werden können. Nimmt man diese beiden Seiten zusammen, hilft das auch den Menschen, die auf eine potentielle Krebsdiagnose warten. Das Ziel besserer Abläufe besteht darin, eine noch verlässlichere und schnellere Reaktion zu ermöglichen. Inveox will genau dazu einen Beitrag leisten.“

Wie würdest du einem Fachkollegen aus dem Gesundheitsbereich eure Lösung in drei Sätzen erklären?  

„Inveox ist der erste Anbieter, der die Kommunikation zwischen Arztpraxen und Histopathologielaboren digitalisiert und wichtige Schritte des Probeneingangs im Labor automatisiert. Dafür entwickeln wir unterschiedliche Produkte, von einer digitalen Kommunikationsplattform über ein Automatisierungssystem bis zu völlig neuartigen Probenbehältern. Denn unsere Mission ist es Menschen zu helfen – Probe für Probe.“

Warum wird in Pathologielaboren bis jetzt offenbar vieles noch manuell erledigt?

„Zum einen ist das über die Zeit gewachsen und zum Status Quo geworden. Histopathologielabore gibt es ja schon sehr viel länger als das Internet. Für einige Arbeitsschritte gibt es auch schon medizintechnische Geräte, die die Arbeit teilweise automatisieren. Aber gerade am Anfang der Kette, dem Eingang und der Vorbereitung von Proben, läuft vieles noch händisch. Aktuell kommen teilweise mehrere Tausend Gewebeproben täglich in ein Labor. Dort müssen sie dann oft noch mehrfach umgepackt und neu beschriftet werden. Auch bei größter Sorgfalt besteht die Gefahr, dass Menschen unaufmerksam werden, wenn sie die gleiche Tätigkeit ständig wiederholen müssen. Fehler können sich einschleichen. Lange Zeit hat sich niemand um die Schnittstelle zwischen ärztlichem Fachpersonal und Pathologielabor gekümmert. Es gab keine wirklich bessere Lösung dafür, wie sich manuelle Prozesse ersetzen lassen. Wir sind die ersten, die Praxen und Labore mit unserem Automatisierungssystem miteinander verbinden und ihnen dadurch die Arbeit erleichtern.“

Ein jahrzehntelanges Problem, wie kommt es zu einer Krebsdiagnose? Was ist der Vorteil von inveox? 

„Sie können sich den Prozess so vorstellen: Ärztinnen und Ärzte entnehmen Gewebeproben beispielsweise dann, wenn sie den Verdacht auf Krebs haben. Die winzigen Gewebeteile werden zunächst in kleine, mit Formalin gefüllte Plastikdosen verpackt. Das verlängert die Haltbarkeit. Auf dem Gefäß notieren medizinisch-technische Fachangestellte oftmals nur handschriftlich den Patientennamen. Dann wird der Behälter mit einem handschriftlich ausgefüllten Untersuchungsauftrag per Post in ein Labor geschickt. Dort geht dieser aufwendige manuelle Prozess in Handarbeit weiter: Die Probe wird geöffnet, das giftige Formalin vorsichtig entfernt, die Notizen entziffert und den handschriftlichen Untersuchungsaufträgen zugeordnet. Dann erst kann die Probe weiterverarbeitet und schließlich unter dem Mikroskop untersucht werden. Das klingt nicht nur händisch, langsam und potenziell fehleranfällig, sondern ist es auch. 

Inveox konzentriert sich darauf, digitale Lösungen für den Probenversand und -eingang zu entwickeln. Dadurch werden wir zur einheitlichen Schnittstelle zwischen ärztlicher Praxis und Labor und können die dort vorherrschenden manuellen Schritte digitalisieren und automatisieren.“

Es ist besonders schwer in der Gesundheitsbranche Fuß zu fassen, habt ihr einen Rat für Gründer?

„Auf dem Weg zu dem Startup, das wir heute sind, hatten wir jede Menge Hürden zu überwinden, aber wir haben eben so viele Meilensteine gefeiert. Vor einer zentralen Herausforderung standen mein Partner Dominik und ich gleich zu Beginn, als es darum ging, die richtigen Investoren zu finden. Hier ist sehr viel mehr wichtig als „nur” der finanzielle Aspekt. Einen Geldgeber zu mobilisieren, ist im sehr lebendigen Startup-Umfeld um München herum nur eine mittelschwere Herausforderung – jedoch Investoren zu finden, die die passenden Werte vertreten, eine ähnliche Vorstellung von der Zusammenarbeit haben und in fachlicher, strategischer sowie menschlicher Hinsicht zum Unternehmen passen, ist eine weitaus größere Aufgabe. Deshalb bin ich besonders dankbar darüber, dass uns dies gelungen ist. Wir haben Investoren an unserer Seite, die für uns gleichermaßen Berater, Partner und enge Vertraute sind.“

Wie ist es euch in der Covid-19 Pandemie ergangen? 

„Die wichtigste Entscheidung war zunächst der Schutz unseres Teams. Von einem Tag auf den anderen haben wir komplett auf mobiles Arbeiten umgestellt, an allen Standorten.

Parallel trafen wir schon in einem frühen Stadium der Pandemie die wegweisende Entscheidung, unsere weltweiten Kontakte für den Aufbau eines weiteren Geschäftszweigs mit medizinischem Verbrauchsmaterial einzusetzen und so weltweit unseren Beitrag zur Pandemiebekämpfung zu leisten.

Auch die Kommunikation mit potenziellen Kunden und Mitarbeitern stand vor großen Herausforderungen. Labore haben ihre Sicherheitsvorkehrungen erhöht und waren sehr selektiv beim Einlass von Besuchenden. Die Tatsache, dass in der Krise jeder digital kommunizieren musste, hat gleichzeitig aber die Akzeptanz von digitalen Produkten in Praxen und Laboren deutlich erhöht. Das ist ein großer kultureller Vertrauensgewinn in digitale Technik.“

Was waren eure größten bisherigen Herausforderungen? 

„Wie bereits erwähnt ist natürlich die Auswahl der richtigen Investoren gerade am Anfang von höchster Wichtigkeit. Das mussten wir am Anfang auch selbst erst herausfinden. Glücklicherweise haben wir aber dann die für uns ideale Investorenkonstellation gefunden und inzwischen bereits drei erfolgreiche Finanzierungsrunden durchlaufen. Was man nicht vergessen darf: Ein Investorenvertrag ist so etwas wie die Steigerung eines Ehevertrags. Drum prüfe, wer sich ewig bindet! Darüber hinaus gibt es aber natürlich eine Vielzahl weiterer Herausforderungen. Ein besonderes Augenmerk muss dabei auf alles fallen, was die Grundlage für eine erfolgreiche Zusammenarbeit im Unternehmen bildet.

Das Team von inveox

Zum Beispiel Teamzusammenstellung. Mit einer großen Idee und einem Handelsregistereintrag allein kommt man nicht weit. Die Aufgaben, die vor uns lagen, waren vielschichtig, und wir brauchten ein Team aus Fachleuten an unserer Seite. Auch hier waren unsere Ansprüche hoch. Uns ist die persönliche Vielfalt unserer Mitarbeitenden ebenso wichtig wie die fachliche. Wir gingen auf die Suche nach Talenten, nach Menschen mit einer Leidenschaft für Innovation, die unsere Werte teilen. Wir wollten junge Menschen, die am Puls neuester Technologien forschen, mit Älteren verbinden, die dank ihrer langjährigen Erfahrung Talente und Ideen kanalisieren und die jungen Teammitglieder als Leitfiguren fördern können.

Der Aufbau des Unternehmens an sich war auch eine der großen Herausforderungen, da wir uns beide in relativ kurzer Zeit in eine große Vielzahl an Bereichen einarbeiten mussten. Die Komplexität der Aufgaben nimmt auch mit der sukzessiven Einstellung von Fachleuten und der Skalierung eines schnell wachsenden Startups nicht ab – aber das ist auch das Spannende am Startup-Alltag: Kein Tag ist wie der andere, von Arbeitsalltag im Sinne einer planbaren Konstante können wir kaum sprechen. Unser Alltag besteht aus Aufs und Abs mit sehr viel Bewegung und mitunter großen Amplituden. Mit der Zeit lernt man jedoch, die Veränderung als Konstante im Startup-Leben nicht nur zu akzeptieren, sondern sogar zu schätzen: Man wird flexibler, nimmt die Dinge gelassener und kann seinen Aufgaben mit mehr Ruhe und Fokus nachgehen.“

Was würdet ihr euch von politischer Seite im Bereich der Gesundheitsbranche wünschen?

„Politisch wird aktuell schon viel Basisarbeit für die Digitalisierung der Gesundheitsbranche getan. Man denke nur an die digitale Patientenakte oder das Krankenhauszukunftsgesetz. Ein wichtiger Punkt, der aus unserer Sicht aber noch in Angriff genommen werden muss, ist das Schaffen einheitlicher Standards für Interoperabilität.

Interoperabilität spielt eine zentrale Rolle im digitalen Gesundheitssystem: Sie ermöglicht die Vernetzung und Integration verschiedener Datenquellen und Informationssysteme und legt somit den Grundstein für Innovationen im Bereich der eHealth, sowie den Einsatz Künstlicher Intelligenz und Big Data.“

Wie kann 5-HT Digital Hub Chemistry & Health euch in eurer weiteren Entwicklung unterstützen?

„Der 5-HT Digital Hub Chemistry & Health bringt wichtige Player der Chemie- und Gesundheitsbranche zusammen. Somit bietet sich aus unserer Sicht eine großartige Situation für Austausch und Networking. Auch der Kontakt zu potenziellen Investor:innen darf nicht unterschätzt werden und ist gerade für uns als Startup auf dem Weg zum Scale-Up von hoher Relevanz.“

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