„Digitalisierung bedeutet, auch den Menschen mitzunehmen“

Ronja Schrimpf

Startup Stories

Die eigenen Daten nutzbar machen – ein Geschäftsmodell von vielen? Mitnichten, denn das Startup iDA legt besonderen Wert darauf, nicht nur die Daten von Unternehmen auszuschöpfen, sondern auch das Fachwissen der Arbeiter von Unternehmen wertzuschätzen. Im Interview mit 5-HT erzählt Co-Founder und Chief Development Officer Marc Seidemann, was iDA besonders macht, mit welchen Vorurteilen es zu kämpfen hat und warum genau das Netzwerk von 5-HT für das Startup so interessant ist.

Co-Founder und Chief Development Officer Marc Seidemann im Gespräch mit 5-HT

Eine für alle: Eine Plattform, mit der alle Daten genutzt werden können

„iDA bedeutet ausgeschrieben Intelligent Data Analytics. Und genau das ist unser Fokus: Die Datenanalyse“, erklärt Marc Seidemann. Wichtig sei ihnen bei der Namenswahl gewesen, einen Namen zu finden, den man einerseits versteht und der andererseits den Kern des Startups auszeichnet. „Unser großes Ziel ist es, durch Digitalisierungsprojekte mit Künstlicher Intelligenz Mehrwerte zu schaffen. Unser Fokus liegt auf den Daten. Wir wollen Daten nutzbar machen.“

iDA hat eine Plattform entwickelt, auf der alle Daten eines Unternehmens in einer einzigen Lösung gesammelt und nutzbar gemacht werden können. Die Software ermöglicht das Auslesen der Daten aus den Systemen, die Digitalisierung aller Datenprozesse und die Veranschaulichung der Daten auf übersichtliche Art und Weise. Gerade für die Chemieindustrie wurde zum Beispiel auf dieser Basis eine Lösung für die Batch-Verarbeitung entwickelt, die stets den bisher besten erreichten Batch in Bezug auf Qualität, Quantität, Laufzeit sowie geringstmögliche Abfallmenge als Referenz für weitere Optimierungen nutzt.

Eine wie die andere? Wo sich eure Geschäftsidee von anderen unterscheidet

„Sicher scheint die Grundidee von iDA zunächst ähnlich zu anderen Startups und Unternehmen, aber wir unterscheiden uns sehr durch unsere Software, die wir selbst entwickelt haben. Was uns hervorhebt ist die Art und Weise, wie wir an diese Projekte herangehen. ‚Digitalisierung‘ bedeutet grundsätzlich immer zweierlei: Das eine ist die Digitalisierung der technologischen Ebene, das andere ist die menschliche Ebene, die man dabei nie vergessen darf. Digitalisierung bedeutet, Prozesse vom Menschen weg zu digitalen Mustern zu bekommen. Dabei sollte man den Menschen aber nicht vergessen“, erklärt Marc. Denn der Mensch sei es schließlich, der das nötige Fachwissen habe und damit den Prozess erst trage. Deshalb, so Marc: „Bedeutet Digitalisierung, auch den Menschen mitzunehmen. Unsere Software bringt diese Stärke mit sich.“

Durch die Software kann das Wissen der Menschen in den digitalen Prozess transformiert werden. Dabei bleibt die Software transparent und einfach bedienbar, und das auch für Menschen mit wenig Informatikkenntnissen.

„Als Laie kann man sich unsere Software ähnlich wie Microsoft Excel vorstellen, nur eben nicht für Tabellenkalkulation, sondern für Datenprozesse. Das Fachwissen wird in Form von Regeln und Formeln direkt über eine Benutzeroberfläche in der Software konfiguriert.“ Für diese Regeln nutze iDA unter anderem technisch sehr mächtige Datenabfrage- und Verarbeitungssprachen wie SQL oder CEP.

„Außerdem ist die Software flexibel. Wir sind durch sie dazu in der Lage, alle Systeme anzubinden, die ein Unternehmen verwendet. Wir schaffen also eine Schnittstelle zwischen den Systemen und unserer Software, die für alle Mitarbeiter transparent und verständlich gestaltet ist“, erklärt Marc, „Unser Mehrwert ist also nicht nur die Software allein oder die Analyse der Daten, sondern auch die Tatsache, dass das Know-How im Unternehmen – also das Wissen der Mitarbeiter – nicht verloren geht und sogar in den Prozess integriert wird.“

Ein weiterer Vorteil von iDA ist der Standort: Das Startup ist komplett in Deutschland verortet, mit dem Fokus auf Entwicklung in Marburg sowie Vertrieb, Marketing und Verwaltung in Frankfurt. Dadurch kann iDA vor Ort sein, falls es bei einem Unternehmen Schwierigkeiten mit der Software gibt. Auch in Bezug auf die Datenschutzgrundverordnung ist Deutschland ein selling point, schließlich ist Datenschutz im Produktionsbereich unabdingbar. Denn, so erklärt Marc: „Datenschutz und Vertrauen sind uns sehr wichtig.“

Moira – alles in einer Lösung

Eine für viele: Welchen Industrie-Fokus legt iDA?

„Wir verstehen uns als Unternehmen, das Digitalisierung im Bereich der Produktion macht, auch wenn wir auch als Softwarehersteller und Dienstleister arbeiten. Unser Fokus liegt einerseits auf Daten und Echtzeitverarbeitung, andererseits auf der produzierenden Industrie. Seit unserer Gründung 2017 haben wir auch einige Kunden im Bereich IT bei Airlines gefunden, wir haben uns aber entschieden, uns auf die produzierende Industrie zu konzentrieren“, so Marc. Das Startup hat mit einem innovativ denkenden Frankfurter Chemieunternehmen seit der Gründung bereits zahlreiche Erfahrungen sammeln können und so schon einiges an Wissen über die Digitalisierung im chemischen Bereich erhalten.

„Wir haben natürlich die Hoffnung, weiter Fuß fassen zu können in der Chemieindustrie. Netzwerke sind essentiell im Leben, ganz besonders in dieser Branche, deshalb arbeiten wir gerne mit 5-HT zusammen.“

Keins für Vorurteile: Womit iDA zu kämpfen hat

„Auch wenn das Startup eine überzeugende Lösung und noch überzeugtere Kunden vorweisen kann, muss es gerade in der Chemieindustrie, aber auch in anderen Branchen mit Vorurteilen kämpfen, mit denen Marc aufräumen will: „Digitalisierung ersetzt keine Arbeitsplätze – und das gerade im Chemiebereich nicht. Tatsächlich hat beispielsweise die Chemieindustrie ein ganz anderes Problem, nämlich den Fachkräftemangel und -schwund. Die Fachkräfte gehen nach und nach in den Ruhestand, der Nachwuchs fehlt und das Wissen muss konserviert werden, bevor es verloren geht. Digitalisierung ist ein Schlüsselelement, um die Chemieindustrie wieder interessant für die heutige Generation zu machen und den Beruf von archaischen, repetitiven Tätigkeiten wie zum Beispiel die manuelle Dokumentation zu befreien. Es geht also darum, bestehende Arbeitsplätze überhaupt erhalten zu können und das Wissen im Unternehmen zu bewahren – wobei unsere Software unterstützen kann.“

Ein weiteres Vorurteil, das sich gegen die Digitalisierung richtet, dreht sich um das Thema Datenschutz: „Digitalisierung gefährdet nicht die Datensicherheit. Wir achten darauf, dass unsere Software fundiert datensicher arbeitet. Die Daten müssen dazu nicht einmal das Unternehmen verlassen. Zusätzlich arbeiten wir mit Partnern aus der Datensicherheit zusammen, um den bestmöglichen Datenschutz zu gewährleisten.

Wenn wir optimieren, optimieren wir keine Menschen weg. Das bedeutet, wir optimieren Prozesse, die von Menschen gar nicht gemacht werden sollten – denn Menschen sollten ihr Fachwissen in ihre Arbeit einbringen können und nicht repetitiven Tätigkeiten nachgehen müssen, die man digitalisieren kann. Indem man optimiert und digitalisiert, kann man auf jeder Ebene Mehrwerte schaffen.“

Das Bewusstsein für diese Vorurteile würde iDA auch gerne in das Netzwerk von 5-HT einbringen.

Alle für einen: Wie sich iDA gegründet hat

Die Gründung von iDA liegt gerade einmal drei Jahre zurück: Anfang 2017 gründeten Hamedo Ayadi, Wirtschaftspsychologe und heutiger CEO von iDA, und Marc Seidemann aus dem Bereich der Informatik zusammen mit drei inzwischen ausgeschiedenen Mitstreitern das Startup. Ihre Geschichte begann wie bei so vielen Unternehmen mit einem glücklichen Zufall: Hamedo Ayadi und Marc Seidemann lernten sich im Rahmen eines Forschungsprojekts zu Datenanalyse kennen und kamen ins Gespräch.

Co-Founder und Chief Development Officer Marc Seidemann (links) und Co-Founder und Chief executive Officer Hamedo Ayadi (rechts)

„Das damalige Forschungsprojekt näherte sich dem Ende und wir fürchteten, dass es wie viele Projekte einfach in der Schublade landen würde. Das fanden wir sehr schade“, erinnert sich Marc, „Also überlegten wir, wie wir dieses Thema nutzen könnten. Wir sponnen die Idee weiter und kamen schnell darauf, dass sie nicht nur für die IT-Sicherheit interessant war, sondern für die Digitalisierung allgemein. Also entwickelten wir die nächsten anderthalb Jahre gemeinsam unsere Software.“

Als die Software von iDA Anfang 2017 auf den Markt kam, fand das Startup schnell zwei große Kunden: Einen im IT-Bereich von Airlines und den anderen im Bereich der produzierenden Industrie, ein Chemieunternehmen aus Frankfurt. Heute hat iDA knapp 40 Mitarbeiter und einen wachsenden Kundenstamm.

Nur einen Nachteil hat der Erfolg für den Gründer: „Wir waren leider zu erfolgreich“, lacht Marc, „Denn für meine Promotion habe ich momentan nicht so viel Zeit. Aber es ist möglich, ein Startup zu gründen und zu promovieren. Deshalb werde ich meine Promotion definitiv abschließen.“

Alles für die Zukunft: Welche Pläne iDA verfolgt

„In der Vergangenheit haben wir uns davor gescheut, den Fokus unseres Startups zu eng zu legen“, erklärt Marc, „Aber in Zukunft wollen wir uns ganz auf die produzierende Industrie konzentrieren. Wir wollen, dass iDA der Standard in der Digitalisierung im Bereich der produzierenden Industrie wird.“ Erstmal gelten iDAs Pläne nur für Deutschland, doch der internationale Plan wird kommen, da ist sich Marc sicher.

Außerdem will das Unternehmen die Industrie weiter wachrütteln, ganz besonders die Chemieindustrie: „Heute haben wir in Deutschland sehr viele führende Unternehmen, aber das muss nicht immer so bleiben. Die Konkurrenz kommt und ist bereits auf Augenhöhe. Wenn wir uns auf unserem Status ausruhen, werden wir überholt werden. Denn Unternehmen aus anderen Ländern haben bereits die digitalisierten Technologien. Den Anschluss dürfen wir nicht verpassen.“

Deshalb ist es iDA so wichtig ein Bewusstsein zu schaffen, was eine Digitalisierung von Anlagen bedeutet: „Wir möchten den Unternehmen gerne die Angst nehmen. Das Thema Digitalisierung ist sehr breit und vor allem sehr individuell.“

Und nicht nur das, Digitalisierung bietet auch ganz neue Möglichkeiten: „Digitalisierung bedeutet auch oftmals, neue Geschäftsmodelle zu generieren. Sie hat das Potential, einem Unternehmen viele neue Möglichkeiten schaffen.“

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