Leichterer Zugang zu Maschinendaten für Softwareentwickler und Ingenieure

Judith Hillen

Startup Stories

In vielen produzierenden Unternehmen kommunizieren Maschinen über den Industrie-4.0-Standard OPC-UA (OPC Unified Architecture). Entwickler und Ingenieure, die sich nicht gut mit diesem komplexen Datenaustausch-Standard auskennen, sind in solchen Fällen auf OPC-UA-Experten angewiesen, um Zugriff auf Maschinendaten zu bekommen. Das Rosenheimer Startup konektilo, das Teil des Netzwerks von 5-HT ist, will das ändern, indem die Maschinendaten über die Standard-Schnittstelle REST zugänglich gemacht werden. Im Interview erzählen die beiden Gründer Roman Paeske (CEO) und Michael List (CTO), wie konektilo funktioniert und wie diese Lösung sowohl Frontend-Entwickler als auch Ingenieure dazu befähigt, unkompliziert die Oberflächen zu bauen, die sie brauchen.

Das konektilo Team Michael List (B. Eng.), Roman Paeske (MBA & Eng.), Prof. Dr.-Ing. Oliver Kramer, Marc Andrae (MBA & Eng.)Das konektilo Team Michael List (B. Eng.), Roman Paeske (MBA & Eng.), Prof. Dr.-Ing. Oliver Kramer, Marc Andrae (MBA & Eng.)

Was macht konektilo?

Roman Paeske: konektilo ist ein Software-Startup, das REST-APIs (REST: Representational State Transfer, API: Application Programming Interface) für OPC-UA entwickelt. Vereinfacht gesagt: Wir ermöglichen es Softwareentwicklern und Ingenieuren, ohne tiefgehende OPC-UA-Kenntnisse ganz einfach auf Maschinendaten zuzugreifen, um diese sinnvoll weiterverarbeiten, visualisieren und analysieren zu können.

Welche Bedeutung hat OPC-UA für produzierende Unternehmen?

Michael List: OPC-UA ist der Industrie-4.0-Kommunikationsstandard, der den Datenaustausch zwischen Maschinen ermöglicht und sich in der Industrie immer mehr verbreitet. Einer der großen Vorteile ist, dass OPC-UA plattformübergreifend einsetzbar ist. Außerdem bietet OPC-UA verschiedene Möglichkeiten, Maschinendaten auszulesen oder Daten an die Maschine zu senden. Das Problem ist aber, dass dieser Kommunikationsstandard sehr komplex ist. Für einen Frontend-Entwickler, der sich nicht mit OPC-UA auskennt, ist es deshalb schwierig, an die Maschinendaten zu gelangen, die er braucht, um nutzerfreundliche Apps und Weboberflächen zu entwickeln. Hier kommen wir ins Spiel, indem wir OPC-UA in Richtung REST übersetzen. RESTful APIs sind ein weitverbreiteter Standard im Web, über den zum Beispiel Webapplikationen wie Wetter-Apps ihre Daten beziehen. So gut wie jeder Softwareentwickler beherrscht die Arbeit mit REST-Schnittstellen. Indem wir OPC-UA in REST übersetzen, machen wir die Maschinendaten also für Softwareentwickler leichter zugänglich und benutzbar.

Wer sind die Kunden von konektilo?

Roman Paeske: Wir richten uns an produzierende Unternehmen aus den unterschiedlichsten Branchen. Sobald es Maschinen mit OPC-UA-Schnittstellen gibt, deren Daten weiterverarbeitet werden sollen, können wir mit konektilo loslegen. Ein Fokus liegt bisher auf dem Maschinenbau, aber auch Chemie- und Pharmaunternehmen, die OPC-UA einsetzen, können von konektilo profitieren. Innerhalb der Unternehmen gibt es zwei Nutzergruppen, für die konektilo relevant ist: erstens der Frontend-Entwickler, der Maschinendaten braucht, um seine Oberflächen zu bauen, und zweitens der IT-affine Ingenieur, der die Produktionsprozesse kennt und steuert. Wir wollen Maschinendaten so einfach zugänglich machen, dass in Zukunft nicht nur Softwareentwickler, sondern auch Ingenieure unkompliziert an die Daten herankommen, die sie brauchen.

Wie funktioniert die Nutzung von konektilo?

Roman Paeske: konektilo ist ein Plug-and-Play-Produkt, denn es ist uns sehr wichtig, dass unsere Kunden schnell mit der Nutzung starten können. Innerhalb einer halben Stunde können sie die ersten Daten von ihren Maschinen erhalten. Weil konektilo ein Docker Container ist, braucht der Endanwender einen Computer oder Server, auf dem Docker installiert ist. In der Konfigurationsdatei trägt er die gewünschten Maschinen ein und kann sich direkt mit diesen verbinden. Daraufhin stellt konektilo eine standardisierte REST-Schnittstelle zur Verfügung. Der Nutzer kann entweder gezielte REST Calls machen, um bestimmte Daten abzufragen oder zu senden, sowie Subscriptions (Abonnements) einrichten, um automatisch benachrichtigt zu werden, wenn sich bestimmte Werte verändern.

konektilo verbindet Menschen, Maschinen und Datenkonektilo verbindet Menschen, Maschinen und Daten

Was sind die Hauptvorteile für eure Kunden?

Roman Paeske: Mit konektilo können Unternehmen auf OPC-UA-Experten verzichten, was ein großer Vorteil sein kann, weil es davon nur sehr wenige gibt, die entsprechend teuer sind. Auf der anderen Seite gibt es viele Frontend-Entwickler, die REST beherrschen und mithilfe von konektilo direkt mit Maschinendaten arbeiten können, ohne lange Einarbeitungszeiten zu brauchen. Darüber hinaus bauen wir auf soliden, standardisierten Technologien auf. REST ist seit Jahren etabliert, und OPC-UA wird seit mehreren Jahren von der OPC Foundation vorangetrieben, die Standardisierungen für verschiedene Branchen entwickelt, sodass in der Kombination eine technisch saubere Lösung entsteht. Mit konektilo können sich Unternehmen außerdem die Kosten für OPC-UA-Client-Lizenzen sparen, die sie ansonsten bräuchten, um Zugriff auf Maschinendaten zu bekommen. Insgesamt befähigen wir Softwareentwickler und IT-affine Ingenieure dazu, schnell und unkompliziert die benötigten Daten zu erhalten, um damit die Lösungen zu entwickeln, die sie brauchen.

Welche konkreten Use Cases lassen sich mit konektilo umsetzen?

Roman Paeske: Einer unserer größten Kunden ist ein Holzverarbeitungsunternehmen mit 70 Maschinen an verschiedenen Standorten in Europa. Dieses Unternehmen hatte ein Manufacturing Execution System (MES) zur Verwaltung und zum Monitoring der Maschinen im Einsatz, das sehr teuer war, aber nicht die eigentlichen Probleme löste. Dieses Thema beobachten wir häufig: Viele Unternehmen sagen, wir müssten uns eigentlich selbst Lösungen für unsere Prozesse bauen, aber dafür brauchen wir Maschinendaten, an die wir nicht leicht herankommen. Da setzen wir mit konektilo an, indem wir den Zugriff auf die Daten erleichtern. Mit dem Holzverarbeitungsunternehmen haben wir auf der Grundlage von konektilo gemeinsam eine kundenindividuelle Oberfläche entwickelt. So können wir den verschiedenen Nutzergruppen wie Geschäftsführung, Auftragsplanung und Instandhaltung jeweils die Daten zur Verfügung zu stellen, die sie benötigen. Diese Oberfläche wird nun sukzessiv in der Firma weiterentwickelt, um die Prozesse passgenau abbilden zu können. konektilo ist hierbei das Tor zu den Daten.

Wie kam es zur Gründung von konektilo?

Roman Paeske: Die Idee ist aus dem Forschungsprojekt proto_lab der Technischen Hochschule Rosenheim entstanden, in dem wir uns damit beschäftigt haben, wie mithilfe von IoT die Möbelproduktion von morgen gestaltet werden kann. Ich war als Mitgründer für das Projektmanagement zuständig; Michael kam als Softwareentwickler dazu.

Michael List: Für die Entwicklung einer Applikation brauchten wir Zugriff auf die Daten einer Fräsmaschine. Allerdings kamen wir an diese Daten nicht leicht heran, weil die Maschine mit OPC-UA kommunizierte. Deshalb haben wir uns gefragt: Wie schaffen wir es, dass Maschinendaten für Entwickler leichter zugänglich werden?

Roman Paeske: Im proto_lab haben wir den ersten Prototypen von konektilo entwickelt. Parallel zu meiner Hochschultätigkeit war ich auch beratend in der Industrie tätig und habe dabei gesehen, dass viele produzierende Unternehmen mit ähnlichen Problemen zu kämpfen hatten wie wir. Deshalb wurde uns schnell klar, dass unsere Lösung auch von anderen gebraucht wurde. Im Mai dieses Jahres haben wir konektilo schließlich als eigenständiges Unternehmen gegründet. Neben Michael und mir arbeiten aktuell noch zwei weitere Softwareentwickler und Bacheloranden für konektilo.

Was sind die nächsten Ziele für konektilo?

Roman Paeske: Aktuell arbeiten wir an dem Ausbau unseres Vertriebsnetzwerks. Außerdem halten wir Ausschau nach den nächsten sinnvollen Features, die wir integrieren könnten. Zum Beispiel haben wir festgestellt, dass unsere Kunden eigentlich eine Lösung brauchen, die ihnen nicht nur Zugang zu den Daten ermöglicht, sondern ihnen auch dabei hilft, auf dieser Grundlage Oberflächen zu bauen. Aktuell lösen wir dieses Problem, indem wir für unsere Kunden im Projektgeschäft individuelle Oberflächen realisieren. Es wäre aber auch denkbar, in konektilo ein zweites Modul im Bereich Visualisierung zu integrieren, damit zum Beispiel auch Ingenieure ohne viel IT-Knowhow damit Oberflächen bauen können.

Wie können Unternehmen herausfinden, ob konektilo zu ihnen passt?

Michael List: Wir bieten eine kostenlose Testversion an, die über unsere Webseite heruntergeladen werden kann. In der Testversion sind bereits alle Features der Vollversion verfügbar – mit der Einschränkung, dass nur eine Maschine verbunden werden kann und dass maximal fünf Variablen abgerufen werden können. So können Unternehmen binnen 30 Minuten unverbindlich herausfinden, ob konektilo für sie funktioniert.

Was erhofft ihr euch von der Zusammenarbeit mit 5-HT?

Roman Paeske: Zunächst einmal sind wir begeistert von den vielen Optionen, die 5-HT für Startups bietet. Für uns ist diese Unterstützung sehr wertvoll. Schließlich ist es immer noch eine Herausforderung, in Deutschland ein Unternehmen zu gründen. Das Netzwerk von 5-HT ist für uns sehr spannend, was den möglichen Aufbau von strategischen Partnerschaften oder den Kontakt zu potenziellen Kunden in der Chemie- und Pharmabranche angeht. Deshalb freuen wir uns sehr, Teil des Ökosystems zu sein.

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