Digitalität sicher machen – Credentials für digitale Signaturen

Ronja Schrimpf

Startup Stories

Jederzeit jedes Objekt, jede Substanz und jede Software ganz einfach identifizieren können. Jederzeit ganz einfach dessen Herkunft und Authentizität überprüfen können. Sogar jederzeit die Nachhaltigkeit von Ware und Herstellerfirma nachvollziehen und verifizieren können, wie es der Idee einer Circular Economy entspricht. Dieses Ziel hat sich das Startup Spherity gesetzt. Mit seiner Technologie ermöglicht Spherity eine standardisierte und sichere digitale Signatur, die von Beipackzetteln für Arzneimittel über Inhaltsstoffe in chemischen und pharmazeutischen Substanzen bis hin zur Nachverfolgung von Lieferketten genutzt werden kann. Damit leistet Spherity einen entscheidenden Beitrag für eine sichere Digitalität und erlaubt darüber hinaus, nachhaltiger und umweltbewusster zu wirtschaften, wie Dr. Carsten Stoecker, CEO und Gründer von Spherity, im Interview mit 5-HT erklärt.

Dr. Carsten Stoecker, CEO und Gründer von SpherityDr. Carsten Stoecker, CEO und Gründer von Spherity

4. industrielle Revolution: Fusion of Technology / Verschmelzen der Technologien – World Economic Forum

„Es kommt ein Tsumani von neuen Technologien auf uns zu. Außerdem haben wir schon jetzt große Probleme, von Global Warming über Plastic Pollution bis zu Human Migration“, beschreibt Spherity-CEO Dr. Carsten Stoecker. Um all diese Probleme in den Griff zu bekommen und gleichzeitig mit den neuen Technologien, ihren Risiken und vor allem ihren Chancen richtig umzugehen, gründete sich bereits in den 1970ern das World Economic Forum, eine internationale Organisation für Zusammenarbeit öffentlicher und privater Instanzen. Es hatte maßgeblichen Einfluss bei der Gründung von Spherity.

‚Die vierte industrielle Revolution‘ nennt das World Economic Forum diese massiven Veränderungen und definiert sie als ‚Fusion of Technology‘, bei der drei Sphären aufeinandertreffen: Die physische Sphäre (Objekte und Maschinen), die biologische Sphäre (Lebewesen und Unternehmen) und die digitale Sphäre (digital Agents, digital Assets und Machine Learning Algorithms). „Die Sphären beginnen alle miteinander wechselzuwirken. Aus dieser Entwicklung ist auch unser Name entstanden: Spherity“, erklärt Carsten.

Learn how to see. Realize that everything connects to everything else – Leonardo da Vinci

“Leonardo da Vinci sagte schon damals, dass alles mit allem verbunden ist, lange bevor es eine digitale Welt gab. Durch die Digitalität ist dieses Miteinander-Verbundensein noch viel dramatischer, als es das zu da Vincis Zeiten war“, erläutert Carsten, „Und ein Kernfundament für diese große Veränderung, die auf uns zukommt, ist die sichere Digitalität.

Autonome Fahrzeugen, die gehackt werden können, Zugangssysteme, die verschließen könnten, wenn noch Menschen dazwischen sind, und selbst die Kaffeemaschine, die plötzlich heißes Wasser aussprühen könnte – bis vor Kurzem bedeutete ‚kritische Infrastruktur‘ Krankenhäuser, Banken und Energienetze. Mit der vierten industriellen Revolution wird eigentlich alles zur kritischen Infrastruktur. Daher kommt das Thema sichere Digitalität direkt in den Alltag. Genau damit beschäftigt sich auch Spherity.“

Der globale Markt von digitalen Identitäten liegt bei 1 Prozent des GDPs – Bottom-Up Kalkulation von Spherity

Der Markt für digitale Identitäten weitet sich durch die vierte industrielle Revolution stark aus. Das beweist schon das Beispiel Digital Health, das durch Themen wie Patientenidentität und elektronischer Patientenakte, Identität pharmazeutischer Produkte und Arzneimittelbeipackzettel einen großen Markt eröffnet.

„Wir haben eine Bottum-Up Kalkulation von allen Identitätsteilmärkten gemacht und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass der globale Markt von digitalen Identitäten bei einem Prozent des GDPs liegt“, so Carsten. Deshalb verspricht sich Spherity mit seinen digitalen Credentials und Signaturen einen zukunftsweisenden USP.

Besonderen Fokus legt das Startup dabei auch auf die Dynamik der eigenen Technologie: Ob ein Produkt qualitätsgesichert ist, ein Unternehmen die Lizenz zur Herstellung von bestimmten Produkten hat oder von wem das Produkt überhaupt stammt – bzw. durch welche Hände es bereits gelaufen ist – all diese Informationen müssen immer schneller zugänglich gemacht werden. Das ist besonders dann relevant, wenn die einzelnen Akteure verschiedene Systeme und Plattformen nutzen. Denn Spheritys Technologie ist software- und herstellerunabhängig.

Nicht länger nur verschlüsselte, sondern auch signierte Daten – Die Transformation des Internets

„Unsere Credentials bedeuten eine Transformation des Internets: Wir verschlüsseln die Daten nicht nur, sondern signieren sie auch. Das ist enorm wichtig, denn Unternehmen haben schon heute tonnenweise Daten, aber sie wissen nicht, ob diese Daten auch authentisch und integer sind. Kommen die Daten wirklich von der Quelle oder hat sie ein Hacker beigemischt? Wurden die Daten manipuliert? Oder handelt es sich erst gar nicht um die echte Quelle?“

Bisher haben Unternehmen noch gar nicht die Instrumente, um diese Fragen zu beantworten. Das World Wide Web Consortium (W3C) hat daher globale Standards wir Verifiable Credentials entwickelt, die es Spherity und anderen Tech Companies ermöglichen, eine Transformation des Internets zu gestalten: Von verschlüsselten hin zu verschlüsselten und signierten Daten – und damit hin zu einer eindeutigen Bestimmung der Identität.

Dabei fokussiert sich Spherity auf sogenannte regulierte Industrien mit Compliance-, Sicherheits- und Audit-Anforderungen, bei denen mit signierten Daten gearbeitet werden muss, um die Geschäftsprozesse compliant oder effizienter zu machen – denn bisher wird in diesen Branchen hauptsächlich mit Papiersignaturen gearbeitet. Spheritys größte Zielgruppen sind die die Pharmaindustrie, dicht gefolgt von Chemie- und Life-Science-Industrie, denen die Signaturen und Credentials effizientere, schnellere und vor allem sicherere Prozesse versprechen. Der Fokus liegt hierbei immer auf Sicherheit, Compliance und Risk.

„Zu unseren Use Cases gehören auch das Lieferkettengesetz oder responsible sourcing – also Fragen nach Kinderarbeit, Umweltschutz, Arbeiter- und Menschenrechte, Gesundheits- und Sicherheitsstandards für die jeweiligen Lieferanten“, erläutert Carsten, „Wenn der Lieferant aber Credentials vorweisen kann, da jemand anders diese Fragen schon einmal überprüft hat, kann ich als Unternehmen die Credentials ganz einfach verifizieren und muss nicht mehr jede dieser Fragen selbst überprüfen.“

Alle Informationen jederzeit einfach mittels Einscannens abrufen – Die Circular Cloud

„Unsere Software lässt sich sogar weiterdenken bis in die Circular Economy“, erklärt Carsten. Fragen rund um Nachvollziehbarkeit, Verifizierbarkeit, Identität von Produkten und Unternehmen sowie den Inhalten von Produkten treten dabei immer häufiger in den Vordergrund. Die übergeordnete Frage dreht sich jedoch nach Carsten um die Objektidentität. „In der Pharmaindustrie ist das als electronic product information bekannt, das kennt man in der Chemieindustrie als product information. Und Unternehmen versuchen zusehends, diese Informationen zu nutzen.

Wir nennen das übrigens Circular Cloud. Wenn ich alle Informationen und Protokolle in die Cloud lege, kann jeder über das Einscannen eines Produkts die relevanten Informationen aus der Cloud abrufen und sich so alle wichtigen Credentials holen. Das ist sehr einfach zu handhaben – und genau so muss es auch sein.“

Groundspace statt Greenfield: Technologien in bereits existierende Infrastruktur integrieren - Retrofitting

Konkret bedeutet das, dass Spherity die Software das Schlüsselmanagement für die Signatur von Daten entwickelt. Die Software ermöglicht damit das Signieren von Daten, die Verwaltung der eigenen Identifier und das Ausstellen der sogenannten verifying Credentials, die dann auch geteilt, mit anderen Systemen ausgetauscht und in Unternehmensprozesse sowie Programmierschnittstellen (APIs) eingebunden werden können. Damit übernimmt das Startup die Idee etablierter Konzepte wie Pretty Good Privacy (PGP) und W3C Verifiable Credentials und weitet sie auf alle weiteren Typen von Daten aus.

Spherity Application ScreenSpherity Application Screen

Das Startup kann schon einige größere Kunden vorweisen, darunter einer der global erfolgreichsten Hersteller von security features für Geldscheine und SAP. Über SAP hatte Spherity auch seinen Use Case und einen passenden Markt gefunden. „Für uns war es sehr wertvoll, das gemeinsam mit SAP identifiziert zu haben. Wir wenden uns gezielt an B2B Use Cases, bei denen wir klare Geschäftsanforderungen haben und am besten unsere Software bereits mit dort existierenden Technologien verknüpfen können. Wir nennen das Retrofitting: In dem Blockchain-Space wird viel zu viel ‚Greenfield‘ gedacht, nach dem Motto Peer-to-Peer und ganz Neues. Aber eine Technologie wie Blockchain in den Groundspace zu bringen, also in bereits existierende Technologien zu integrieren, das fehlt – und genau darauf fokussieren wir uns.“

Carsten selbst, Spherity-CEO/CTO, ist Physiker und hat lange Jahre Erfahrung in IT und Infrastruktur sammeln können. 2014 entdeckte er dann das Thema Blockchain für sich und schrieb über 40 Patente für verschiedene Industrien – von 3D-Druck über U-Boote bis zu Drohnen und Energieanlagen. Zu dieser Zeit begann er auch mit dem World Economic Forum zusammenzuarbeiten und setzte sich intensiv mit der vierten industriellen Revolution auseinander. 2017 kam es dann zur Gründung von Spherity. Mitgründer war Dr. Michael Rüther, COO/CFO von Spherity, der aus dem Bereich Business Computing und Industrial Engineering stammt.

Spherity TeamSpherity Team

„Das Thema Identität ist sehr interessant, aber wir wussten damals auch, dass es eine sehr schwierige Aufgabe werden wird. Es gibt so viele Identitätsunternehmen und -anbieter. Wer diese Aufgabe angehen will, braucht sehr viel Demut, denn Herausforderung und Impact dieser Aufgabe sind sehr groß. Aber wir haben sie trotzdem in Angriff genommen, denn es ist eine wirklich spannende und interessante Arbeit ist.“

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